Klar, die Autobahn ist schon sehr präsent in Airolo. Und doch gibt es auch hier ein paar Ecken, die man entdeckt haben muss.
Die Schweiz ist durchaus reich an Nicht-Orten, der berühmteste davon aber heisst gewiss Airolo. Göschenen–Airolo: zum einen Ohr rein, zum anderen wieder raus. Haben hier einst noble Adelsfamilien aus Mailand mit ihren Kutschen auf der Piazza Motta angehalten, ist der Glanz vergangener Zeiten inzwischen von den Häuserfassaden gebröckelt. Und doch gibt es sie noch – oder auch wieder –, die Ecken, in denen so herrliche Ruhepausen auf einen warten.
Rechts raus bei der Autobahn zum Beispiel, und schon sitzt man im «Caseificio del Gottardo» vor einem Fondue, direkt in der Schaukäserei, die immer brechend voll ist und zu der sogar ein kleines Käsemuseum gehört. Danach kann ein Luftwechsel sicher nicht schaden. Wie praktisch, dass nur ein paar Schritte entfernt eine Gondel ins wunderbare Ski- und Wandergebiet über dem Gotthard fährt: Airolo-Pesciüm, 2255 Meter über Meer, 30 Kilometer Skipisten.
Ski, Töff und Angelrute
Hier oben hat sich Lara Gut an die Weltspitze trainiert. Dennoch ist der kleine Skiort von den Grossen der Branche aus dem Licht verdrängt worden – ein Glücksfall für alle Skifahrer, die dem Trubel lieber den Rücken kehren.
Im Sommer geniessen zahlreiche Motorradfahrer die Fahrt auf der Via San Gottardo von Airolo hoch hinauf auf den Gotthard-Pass. Vielleicht machen sie rasch Halt im Nationalen St.-Gotthard-Museum, einem ehemaligen Zollposten, gebaut im Jahr 1834. Oder sie erholen sich kurz im Pferdestall, der heute ein Restaurant ist, das «Vecchia Sosta». Oder sie erholen sich etwas länger und legen sich im «St. Gotthard Hospiz» in eines der elf Zimmer. Das Haus aus dem Jahr 1237 wurde vom Architekturbüro Miller & Maranta renoviert und steht heute auf der Liste des «Europäischen Kulturerbes».
Wer sich auf dem Gotthard zu einem der kleinen Seen aufmacht, kann da auch angeln – oder selbst ins Wasser, falls ihn nicht schon der Anblick des Wassers frösteln lässt. Es ist klirrend kalt.
Festival, Diner und «Muuh»-Joghurt
Wohlig warm und klangvoll wird es in Airolo alle zwei Jahre, jeweils im Sommer. Dann findet «Airolo in Transizione» statt, ein alternatives Musikfestival, das Besucher aus der ganzen Schweiz anzieht. Am Abend empfiehlt sich ein gediegenes Diner im Ristorante Forni beim Bahnhof. Trotz 14 Gault-Millau-Punkten isst man hier immer noch preiswert – und auf jeden Fall hervorragend. In der Bar Böcc lässt man sich bei Bier, Billard und Jukebox-Sound in die Nacht treiben. Oder aber man spaziert seelenruhig ins Cinema Leventina, wo Blockbuster wie Arthouse-Produktionen gezeigt werden, meistens in Originalsprache.
Zum Abschied aus Airolo? Ein Joghurt «Muuh» zum Mitnehmen. Beim Käser Andreas Dürr, in der Käserei der Firma Agroval, im alten, blau angestrichenen Bahnhofsgebäude von Airolo, wird der beste Joghurt der Schweiz produziert. Sagen zumindest die Preisrichter. Und wir finden: Eigentlich ganz schön, so ein kleines, stilles Wochenende in verlorenen Bergen neben einer Autobahn.
- Schlafen: «St. Gotthard Hospiz», auf dem Gotthardpass. Das Doppelzimmer gibts ab 200 Franken pro Nacht; im Winter geschlossen.
- Essen: Ristorante Forni, Via della Stazione 19, Airolo. Telefon 091 869 12 70.
- Einkaufen: Frischen Käse aus dem Gotthard-Gebiet im «Caseificio del San Gottardo», Airolo.
- Erleben: Biken, Wandern, Skifahren: Airolo ist ein Naturparadies. Mit der Bergbahn hoch und geniessen.
- Kultur: Nationales St.-Gotthard-Museum, täglich von 9–18 Uhr, wenn der Pass offen ist (vorher abklären!); Musikfestival «Airolo in Transizione», das nächste Mal im Sommer 2017.
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