Von Liestal aus ging feine Mode um die Welt. Coco Chanel zählte auf Hanro, Nicole Kidman trug ein solches Top in «Eyes Wide Shut». Nun wurde das Archiv des Hauses gesichtet und das Museum.BL zeigt eine erste Auswahl – leider misslungen. Dafür haben wir gutes Bildmaterial bekommen.
Nicht so sexy wie Aubade und nicht so erlesen wie Zimmerli. Eher gediegen, aber was heute gediegen scheint, war einmal progressiv. Coco Chanel, Erfinderin der «garçonne», hat die Marke vor 100 Jahren empfohlen. Hanro hat die Damendessous vom Korsett befreit und stattdessen angenehme, dabei elegante Schnitte entworfen.
Das hat dem Label Kunden aus der ganzen Welt eingebracht. Die Queen trägt Hanro, erzählt man sich, und genau anschauen kann man es sich in Stanley Kubricks «Eyes Wide Shut».
Irgendwie passt es: Nicole Kidman, die kühle, transparente Erscheinung, in Hanro-Stoff. Für die Liestaler war die Manufaktur ein Stück Identität und ist es heute noch für viele, die dort gearbeitet haben. 1991 wurde das Unternehmen von der österreichischen Marke Huber übernommen und seitdem steht das Hanro Areal weitgehend leer.
Doch dort weht nun schon eine Weile frischer Wind, denn der Bau wurde nicht abgerissen, wie einmal vorgesehen, sondern Designern zugänglich gemacht, die sich dort einen Arbeitsplatz einrichten können (wir haben berichtet).
Und vor allem ist da noch die Sammlung. Hanro hat bis in die 1980er-Jahre von jedem Stück aus jeder Kollektion ein Exemplar auf die Seite gelegt. Die lagen bis jetzt rum. Nun hat der Verein Textilpiazza den Bestand gesichtet und archiviert und dem Kanton Baselland übergeben. Die Stücke, oder auch ein bisschen: die Welt des Hauses Hanro soll an die Öffentlichkeit. Und ein erster Schritt ist gemacht. Im Museum.BL in Liestal ist nun einiges zu sehen.
Leider ist die Ausstellung, die einen Teil einer grösseren Schau zum Thema Sammeln ausmacht, nicht inspirierend. Es ist nicht so, dass man in dieses freistehende Haus in der Liestaler Altstadt eintreten und denken würde: Hoppla, solche Mode kommt aus diesem Städtchen?
Eher Spielzeug als Darstellung
Stattdessen stösst man in der Eingangshalle auf einen Kleiderständer, wie es sie in Wäschereien gibt. Man drückt auf einen Touchscreen und das gewählte Kleid fährt herbei. Eher Spielzeug als Darstellung.
Weiter gehts im vierten Stock, wo die Dachschrägen schon etwas beeinträchtigend sind, unerfreuliche Musik von der Flötensammlung rüberschallt und aus unerfindlichen Gründen auch eine Schneiderschere in einer extra Vitrine ausgestellt ist.
Falls die Marke Hanro einmal wirkliche Ausstrahlung hatte, hier erfährt man nichts davon.
Aber interessant: Im Museum stehen auch zwei Wände mit Werbeplakaten von Hanro. Tolle Models, gute Aufnahmen und auf ihre Weise auch gute Kleider. Das ist der Punkt, wo man doch ahnt, dass der Name Hanro etwas zählt. Dass Hanro nicht irgendein Unternehmen in Liestal ist, sondern eines mit Welthauch.
Diese Ästhetik müsste auch in einer Ausstellung zum Ausdruck kommen. Und es gab auch zur Vernissage und früher mal in den Hanrohallen Modeschauen mit Models. Aber die sind jetzt halt erstmal vorbei.
Deswegen haben wir nochmal im Museum angerufen und um die Bilder gebeten. Ganz einfach war es wohl nicht, weil die Digitalisierung noch im Gange ist. Aber Bilder von den Bildern haben wir bekommen, wenn auch ohne Beschreibung und Datierung. Dafür ein Dankeschön.
(Bild: §á¿øˇÍÚ∂∫‡∑Ah)
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