Erste Niederländerin wegen Völkermordes in Ruanda vor Gericht

In Den Haag hat am Montag der Prozess gegen eine Niederländerin wegen des Völkermordes in Ruanda begonnen. Es ist das erste Mal, dass ein solcher Fall von einem Strafgericht verhandelt wird. Die Verteidigung forderte am ersten Tag die Einstellung des Verfahrens.

Massengrab am Stadtrand von Kigali (Archiv) (Bild: sda)

In Den Haag hat am Montag der Prozess gegen eine Niederländerin wegen des Völkermordes in Ruanda begonnen. Es ist das erste Mal, dass ein solcher Fall von einem Strafgericht verhandelt wird. Die Verteidigung forderte am ersten Tag die Einstellung des Verfahrens.

Die aus Ruanda stammende Yvonne Basebya soll von 1990 bis 1994 in der Hauptstadt Kigali zum Mord an Tutsis aufgehetzt haben. Im Frühjahr 1994 waren schätzungsweise bis zu eine Million Angehörige der Tutsi-Minderheit durch Anhänger des Volksstammes Hutu ermordet worden. Die 65-jährige Frau, die seit 2004 niederländische Staatsbürgerin ist, beteuerte vor dem Gericht ihre Unschuld.

Die Staatsanwaltschaft wirft der Angeklagten auch Beihilfe zu einem Massaker bei einer Kirche in Kigali im April 1994 vor. Damals waren rund einhundert Menschen, darunter auch kleine Kinder, mit Knüppeln und Macheten ermordet worden.

Basebya habe innerhalb der extremistischen Hutu-Partei CDR eine hohe Funktion gehabt, erklärte die Staatsanwaltschaft. Die Anklage beruht vor allem auf Aussagen von rund 70 Zeugen, die das Gericht in mehreren Ländern befragt hatte.

Nach Ansicht der Verteidigung ist die Frau, die 1997 in die Niederlande kam und 2010 festgenommen wurde, das Opfer einer Intrige. Belastungszeugen wollten an ihr Vermögen in Ruanda kommen. Sie habe nicht gemordet, sondern im Gegenteil verfolgten Tutsis geholfen.

Verteidigung fordert Einstellung

Der Verteidiger Victor Koppe beantragte am ersten Prozesstag die Einstellung des Verfahrens. Die Staatsanwaltschaft habe wichtige Beweise zurückgehalten, sagte Koppe. „Das Recht meiner Mandantin auf einen ehrlichen Prozess wurde ernsthaft verletzt.“ Er verwies auf ein Urteil eines Gerichtes in Kigali, das bereits 2003 die Unzuverlässigkeit der Belastungszeugen festgestellt habe.

1994 waren in Ruanda in nur einhundert Tagen schätzungsweise eine halbe bis zu einer Million Tutsis ermordet worden. Angehörige der Hutu, die die grosse Mehrheit der Bevölkerung ausmachen, hatten die Ermordung der Tutsi geplant und vorbereitet.

Die Tutsi-Rebellenbewegung unter Leitung von Paul Kagame setzte dem Blutvergiessen im Juli 1994 ein Ende. Kagame ist seit 2000 Präsident des zentralafrikanischen Landes.

Das internationale Ruandatribunal in Arusha in Tansania hat bereits zahlreiche Schuldige verurteilt. Auch in mehreren westeuropäischen Ländern laufen Prozesse wegen des Völkermordes in dem zentralafrikanischen Land.

Nächster Artikel