Die Autobahnen der Nordwestschweiz werden diesen Winter mit neuer Technologie geräumt: Erstmals kommen in der Schweiz flächendeckend Flüssigstreuer zum Einsatz, die Salzsole statt Salz auf der Fahrbahn ausbringen.
Mit den Flüssigstreuern will die für den Autobahnbetrieb zuständige NSNW den Winterdienst optimieren. Drei Flüssigstreuer will die NSNW im kommenden Winter auf dem 230-Kilometer-Autobahnnetz in den Kantonen Aargau, Baselland, Basel-Stadt und Solothurn einsetzen. Das erste der drei Fahrzeuge konnte sie diese Woche in Empfang nehmen, wie NSNW-Geschäftsleiter Ruedi Hofer am Freitag vor den Medien sagte.
In anderen Ländern erprobt
Die Flüssigstreuer sind Sattelschlepper, deren Auflieger Tanks mit einem Fassungsvermögen von über 20’000 Liter tragen. Darin befindet sich Salzsole – in Wasser gelöstes Salz. Feine Düsen am Fahrzeugende sprühen die Sole über die Fahrbahn bis auf eine Breite von knapp zwölf Meter: Das reicht für eine dreispurige Fahrbahn.
Neu ist die Technologie nicht: Baden-Württemberg und Bayern wenden sie bereits an, Schweden schon seit den 1980er-Jahren. In der Schweiz gab es laut Hofer bisher punktuell einen Versuch in Zürich und eine Anwendung auf der Umfahrung von Lausanne. In der Nordwestschweiz werde sie nun aber erstmals flächendeckend eingesetzt.
Längere Wirkung
Gegenüber Trockensalz oder dem seit den 1970er-Jahren verwendeten, mit Sole angereicherten Feuchtsalz hat die Methode laut Hofer einige Vorteile. So bleibt etwa Trockensalz auf der Autobahn wegen des Fahrtwindes der Autos nur relativ kurze Zeit liegen. Die Wirkung von Salzsole dagegen hält bei günstigen Verhältnissen bis zu einem Tag lang an.
Die Flüssigstreuer können zudem mit etwa 80 Stundenkilometer über die Autobahn fahren, schneller als die bisherigen Fahrzeuge, die mit maximal 50 Stundenkilometer unterwegs sind. Das vermindert Rückstaus. Ausserdem ist der Einsatzradius der Flüssigstreuer mit 50 bis 80 Kilometer grösser als jener der bisherigen Fahrzeuge.
Fürs Präventivstreuen
Schliesslich sind auch der Salzverbrauch und damit die Kosten geringer. Bei einer Fahrt mit Streusalz werden laut der NSNW 40 Gramm Salz oder mehr pro Quadratmeter verbraucht, bei Feuchtsalz sind es etwa 10 bis 15 Gramm pro Quadratmeter. Mit der Flüssigstreuung soll dies nochmals auf wenige Gramm sinken.
Allerdings werden die Flüssigstreuer häufiger unterwegs sein. Denn sie werden für das Präventivstreuen gebraucht: Wenn Schneefall oder Reifglätte droht, bringen sie noch vorher die Sole aus. Der Lösungsfilm auf der Fahrbahn verhindert dann das Festfrieren von Eis oder Schnee. Gegen Eisglätte und zur Schneeräumung werden dagegen weiterhin die bisherigen Fahrzeuge eingesetzt.
Andere Einsatzmöglichkeiten
Die neuen Flüssigstreuer kosten laut Hofer je 420’000 Franken. Allerdings entfallen vom Stückpreis allein 260’000 Franken auf das Zugfahrzeug, das mit anderen Aufbauten auch für andere Einsätze der NSNW verwendet werden kann. Gesteuert werden die Einsätze der Streufahrzeuge von einer – noch im Bau stehenden – Einsatzzentrale in Sissach aus.
Die Salzsole bezieht die von drei Nordwestschweizer Kantonen gegründete NSNW von den Schweizerischen Rheinsalinen. Wasser auf der Strasse zu transportieren, sei zwar «Quatsch», sagte Hofer. Doch es sei etwa gleich teuer und brauche dreimal weniger Energie, als die bei Rheinfelden AG aus dem Boden gewonnene Salzsole zuerst zu Salz einzudampfen und dann an den NSNW-Standorten Sissach BL, Schafisheim AG und Oensingen SO wieder mit Wasser zu Sole zurückzuverwandeln.