Der erste Pädophilie-Prozess im Vatikan ist am Samstag nach nur sieben Minuten vertagt worden. Der Angeklagte, der ehemalige polnische Erzbischof und Vatikanbotschafter Jozef Wesolowski, wurde schwer erkrankt auf die Intensivstation in ein Spital in Rom gebracht.
Dies teilte Staatsanwalt Gian Piero Milano dem Gericht mit. Ein neuer Termin stand zunächst nicht fest. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 66-jährigen Ex-Geistlichen sexuellen Missbrauch minderjähriger Jungen in seiner Zeit als Nuntius in der Dominikanischen Republik von 2008 bis 2013 vor.
In seiner anschliessenden Zeit im Vatikan und bis zu seiner Festnahme im September 2014 soll er zudem kinderpornographisches Material aus dem Internet heruntergeladen haben. Sein Verhalten stelle eine grobe Verletzung der «religiösen Prinzipien und christlichen Moral dar», erklärte Staatsanwalt Milano bei der Verlesung der Hauptanklagepunkte.
Wesolowski drohen sechs bis sieben Jahre Haft. Der Prozess, in dem Richter, Verteidiger und Staatsanwalt ausnahmslos Laien sind, könnte ein Jahr dauern. Der 66-Jährige sollte ursprünglich persönlich an dem Verfahren teilnehmen, zu dem auch Journalisten zugelassen waren. Seine Verteidiger könnten bei einer Wiederaufnahme aber den Ausschluss der Öffentlichkeit beantragen.
Wesolowski leidet bereits seit längerem unter gesundheitlichen Problemen. Er war nach seiner Festnahme im September 2014 zunächst unter Hausarrest gestellt worden. Nach Angaben des Vatikan kam die Anordnung dazu von Papst Franziskus persönlich. Nach einem disziplinarischen Verfahren war Wesolowski bereits im Juni 2014 in den Laienstand versetzt worden – das ist die Höchststrafe der Kirche.
Premiere im Vatikan
Der Prozess gegen den einstigen Geistlichen ist eine Premiere im Vatikan. Sie zeigt die härtere Linie, die Papst Franziskus gegen Kindesmissbrauch durch Geistliche verfolgt. Kritiker haben der Kirchenführung immer wieder vorgeworfen, Priester und Bischöfe aus Rücksicht auf ihr Amt zu decken – auf Kosten der Opfer.
Im Juni stimmte das katholische Kirchenoberhaupt der Schaffung eines Kirchengerichts zu, das auch die Vertuschung von Missbrauchsfällen durch Bischöfe ahnden soll. Damit folgte Franziskus einer Empfehlung eines neu gegründeten Gremiums gegen sexuellen Missbrauch durch Geistliche.