Im Skandal um das gesundheitsgefährdende Diabetes-Mittel Mediator des französischen Pharmakonzerns Servier steht seit Montag der 90-jährige Firmengründer Jacques Servier vor Gericht. Ihm und vier ehemaligen Führungskräften wird schwerer Betrug vorgeworfen.
Die Servier-Labors hätten schon seit Jahren die gefährlichen Nebenwirkungen des Mittels gekannt, das ohne entsprechende Zulassung auch als Appetitzügler verschrieben wurde, sagte der Opferanwalt Charles-Joseph Oudin. Mehr als 350 Geschädigte und Hinterbliebene verlangen vor dem Gericht in Nanterre bei Paris als Nebenkläger Schadensersatz. Den Angeklagten drohen bis zu vier Jahre Haft und ein Berufsverbot.
Auslöser des Skandals ist unter anderem eine Studie der französischen Aufsichtsbehörde für Medikamentensicherheit. Sie vermutet, dass Mediator allein in Frankreich den Tod von mindestens 500 Patienten verursacht hat.
Andere Schätzungen gehen sogar von bis zu 2000 Opfern aus. Mindestens 3500 Patienten mussten im Spital behandelt werden. Das Mittel soll unter anderem zu einer Verdickung der Herzklappen und somit zu Kreislaufschäden geführt haben.
In der Schweiz 1998 vom Markt genommen
Servier, Frankreichs zweitgrösster Pharmakonzern, hatte Mediator von 1976 bis 2009 als Diabetes-Mittel verkauft. Es wurde wegen seines appetitzügelnden Wirkstoffs Benfluorex aber auch häufig als Schlankmacher-Pille verschrieben. Schätzungen zufolge haben insgesamt etwa fünf Millionen Menschen das Mittel eingenommen.
Mediator ist seit 2009 europaweit verboten. In der Schweiz wurde das Medikament gemäss Swissmedic bereits im Jahr 1998 vom Markt genommen. Die schweizerische Arzneimittelbehörde hatte sich besorgt gezeigt über die „Ähnlichkeiten“ des Hauptwirkstoffs Benfluorex mit den Inhaltsstoffen von gewöhnlichen Schlankmacher-Pillen.