Erstmals ist ein mutmassliches Mitglied der Frauenfelder Zelle der ‚Ndrangheta von der Schweiz an Italien ausgeliefert worden: Der Mann wurde am Freitag in Chiasso den italienischen Behörden übergeben.
Dies gab das Bundesamt für Justiz (BJ) bekannt. Der Mann hatte zwar gegen seinen Auslieferungsentscheid Beschwerde ergriffen. Mit Entscheid vom 25. Januar war das Bundesstrafgericht jedoch auf die Beschwerde nicht eingetreten, weil sein Anwalt die Beschwerde ohne Begründung eingereicht hatte.
Sein Ersuchen um Ansetzung einer Nachfrist hatte das Bundesstrafgericht als unzulässige Verlängerung der nicht erstreckbaren Rechtsmittelfrist beurteilt. Deshalb ordnete das BJ am vergangenen Montag die erneute Festnahme des Mannes im Hinblick auf die Auslieferung an, wie aus der BJ-Mitteilung weiter hervorgeht.
Der nun ausgelieferte Mann war im März des letzten Jahres zusammen mit elf weiteren mutmasslichen Mitglieder der Frauenfelder Mafia-Zelle provisorisch aus der Haft entlassen worden, weil das BJ das Fluchtrisiko und die Kollusionsgefahr als gering eingestuft hatte. Die Freigelassenen mussten sich allerdings verpflichten, sich jederzeit für das Auslieferungsverfahren zur Verfügung zu halten.
13 Verhaftungen bis Ende 2016
In einer koordinierten Aktion in den Kantonen Thurgau, Zürich und Wallis waren Anfang März 2016 zeitgleich 15 mutmassliche Mitglieder der kalabresischen Mafia-Organisation ‚Ndrangheta festgenommen und in Auslieferungshaft gesetzt worden. 14 davon widersetzten sich der Auslieferung. Die Haftanordnungen basieren auf italienischen Auslieferungsersuchen.
Die italienischen Behörden werfen den Verhafteten vor, Mitglieder einer kriminellen Organisation zu sein: Sie sollen an Treffen mitgewirkt, an Riten teilgenommen und sich unter die hierarchischen Strukturen und den bedingungslosen Gehorsam untergeordnet haben.
Zwölf Personen wurden im Thurgau festgenommen, eine im Kanton Zürich. Diese 13 Männer sollen der Frauenfelder Zelle der kalabresischen Mafia angehören, gegen die die Bundesanwaltschaft seit Jahren ermittelt.
Übrige zwölf Fälle noch hängig
Zwischen August und Dezember 2016 hatte das BJ die Auslieferung aller 13 mutmasslichen Mitglieder der Frauenfelder Zelle bewilligt. Es war zum Schluss gekommen, dass in sämtlichen Fällen die Voraussetzungen für eine Auslieferung erfüllt sind. Alle Betroffenen hatten die Auslieferungsentscheide beim BJ beim Bundesstrafgericht angefochten. Die Beschwerdeentscheide zu den zwölf anderen mutmasslichen Mafia-Mitgliedern sind noch hängig.
Auch im Wallis waren damals zwei Personen verhaftet worden. Sie sollen ebenfalls einer kalabresischen Zelle der ‚Ndrangheta angehören, allerdings nicht der Frauenfelder. Sie sind in Italien bereits zu Freiheitsstrafen von neun respektive sechs Jahren verurteilt worden. Sie sind bereits an Italien ausgeliefert worden.