Matthias Glarner startet am Sonntag am Emmentalischen in Heimenschwand. Für ihn ist es der erste Auftritt an einem Kranzfest als Schwingerkönig. Glarners Pläne reichen über die Saison 2017 hinaus.
An seinem ersten grösseren Wettkampf der Saison wird der 31-jährige Meiringer Matthias Glarner inmitten der Berner Armada starten. Alle Bösen aus dem Kanton der Könige sind gemeldet, unter ihnen Kilian Wenger, Matthias Sempach, Christian Stucki und der aufstrebende Remo Käser.
Vor der Saison 2017, die am 27. August mit dem Unspunnen-Schwinget in Interlaken als Highlight zu Ende gehen wird, ist Glarner durchaus zuversichtlich.
Matthias Glarner, was hat sich für Sie als Schwingerkönig seit dem letzten August alles geändert?
Matthias Glarner: «In meinem ganzen Umfeld hat sich nichts geändert. Aber es ist alles viermal intensiver geworden. Es ist das gleiche Leben wie vorher, aber mit Faktor 4. Ich meine damit die Intensität. Es gibt viel mehr Termine. Es ist überall viel interessanter. Aber deswegen hat sich mein Leben nach dem Königstitel nicht um 180 Grad gedreht.»
Sie kommen gerade von Aufnahmen für einen Werbespot zurück. Sie scheinen als Schwingerkönig ein umso gefragterer Mann zu sein.
«Die Werbepartner, die ich vor dem Königstitel hatte, habe ich alle mitnehmen können. Es hat mich sehr gefreut, dass sie geblieben sind. Es sind noch drei oder vier Partner dazugekommen, die so gross sind, dass sie Werbespots für das Fernsehen machen. Für mich bringt das auch eine schöne Abwechslung. Ab und zu einen Tag vor der Kamera zu stehen ist wirklich eine interessante Sache.»
Vor dem Eidgenössischen Fest in Estavayer waren Sie in der Wahrnehmung von aussen im Berner Verband wohl nur etwa die Nummer 4. Haben Sie das auch so empfunden? Hat Ihnen das am Ende sogar geholfen?
«Die Wahrnehmung von aussen war ganz sicher so. Aber wir Schwinger im Kanton Bern wussten, dass wir acht bis zehn Schwinger von einem ähnlichen Level hatten. Es ist klar. Wenn du im Kanton Bern nicht Schwingerkönig bist oder vielleicht Kilchberger Sieger, dann bist du im zweiten Glied. In einem andern Teilverband wäre ich vielleicht die Nummer 1 gewesen. Mir war das Ganze recht. Ich konnte mich ruhig und zielgerichtet auf das Eidgenössische vorbereiten. Ich war nicht in der Favoritenrolle und war auch nicht so gefragt. Deshalb hatte ich die ruhige Vorbereitung. Das hat mir sicher geholfen.»
Sie sind Sportlehrer und Sportwissenschaftler und kennen den eigenen Körper vermutlich besser als andere. Gelingt es Ihnen dadurch besser, die Kräfte einzuteilen?
«Ich kenne meinen Körper sehr gut, einerseits dank meiner Routine, andererseits dank dem Studium. Wenn ich gesund bleibe und die Vorbereitung reibungslos verläuft, kann ich mich jeweils schon auf einen bestimmten Höhepunkt oder auf zwei, drei Feste fokussieren. Es ist in meinem Alter vermehrt wichtig, dass ich mir zwei, drei Anlässe pro Saison herausnehme und versuche, an diesen Festen in Topform zu sein. Ich muss dann damit rechnen, dass ich an ein paar anderen Anlässen weniger gut in Form bin. Für mich als junger Schwinger war es noch möglich, das ganze Jahr mit vollem Einsatz zu schwingen. Jetzt liegt es für mich nicht mehr drin, die ganze Saison mit 120 Prozent zu bewältigen.»
Kürzlich mussten Sie in der Saisonvorbereitung am Hallenschwinget in Frutigen drei Gänge stellen. Wer das sieht, könnte denken: Hoppla, das ist nicht gut für einen Schwingerkönig. Hat es für Sie anders ausgeschaut?
«Zuletzt steht für mich alles unter der Überschrift Zug 2019. Wenn ich eine so langfristige Perspektive habe, dann sind natürlich zwei oder drei gestellte Gänge wie in Frutigen nicht bedeutend. Bei diesen Schwinget vor der Saison ist es wichtig, in den Wettkampfrhythmus zu kommen und ein paar positive Dinge mitzunehmen. Ich nehme auch ein paar weniger gute Punkte mit, die ich aber korrigieren kann. Dann ist der Rang nicht so wichtig, auch wenn es für die Sicht von aussen vielleicht anders war. Ich konnte es für mich jedenfalls gut einordnen. Zudem absolvierte ich unmittelbar vor diesem Hallenschwinget eine harte Trainingseinheit. Vor einem wichtigen Anlass würde ich dies natürlich nicht tun.»
Wann und mit welchem Anlass werden Sie Ihre Karriere beenden?
«Meine Zeitrechnung für mich als Sportler geht bis 2019, bis zum Eidgenössischen in Zug. Ich brauche einen solchen Grossanlass, für den ich planen und den Weg zeichnen kann. Was nach dem August 2019 sein wird, da habe ich wirklich noch keine Ahnung. Ich lasse alles offen. Es kann sein, dass es mein letztes Eidgenössisches sein wird. Das wird man sehen.»
Wenn man ein paar Saisonvorschauen gelesen hat, könnte man meinen, dass die älteren Schwinger wie Sie gegen die jungen wie Remo Käser, Joel Wicki, Samuel Giger oder Armon Orlik nichts mehr zu bestellen haben. Vor allem Giger und Orlik werden in den Himmel gehoben. Orlik verlor erst am letzten Sonntag am Aargauer Fest in Brugg gegen den bald 34-jährigen Bruno Gisler. Wie sehen Sie diesen Kampf der Generationen?
«Mir war von Anfang an klar, dass es die Jungen nicht so leicht haben würden, wie viele vielleicht glauben. Ich habe die Phase als ganz Junger auch durchgemacht. Du bist jung und darfst gewinnen, musst aber nicht. Es ist am Anfang kein Druck da. Für die jetzigen Jungen werden die nächsten zwei Jahre allerdings nicht einfach. Sie haben schon eine gewisse Routine, aber sie müssen die Älteren zuerst noch auf den Rücken bringen. Nein, ich habe nicht das Gefühl, dass ich keine Chance mehr habe gegen die Jungen. Es ist für mich sogar ein Ansporn.»
Wie Sie gesagt haben, war in Ihrem Leben nach dem Königstitel viel mehr los. Konnten Sie sich denn gleich gut auf die Saison vorbereiten wie in anderen Jahren?
«Ich habe sogar noch etwas mehr trainiert als in der Saison vor Estavayer. Für mein Gefühl bin ich sehr gut ‚zwäg‘ und topfit. Mit der Arbeit bin ich von 80 auf 60 Prozent zurückgegangen. Ich glaube, dass ich ein sehr gutes Gleichgewicht gefunden habe.»