Es ist zwar kein Picasso, aber hey immerhin ein Castelbajac!

Er ist nicht nur ein berühmter Modedesigner sondern auch ein Charmeur und ein «gefeierter» Street-Artist. Ein etwas anderer Blick auf die Mercedes Benz Fashion Days Zurich. Er ist nicht nur ein berühmter Modedesigner sondern auch ein Charmeur und ein «gefeierter» Street-Artist. Ein etwas anderer Blick auf die Mercedes Benz Fashion Days Zurich. Am Donnerstag war […]

Er ist nicht nur ein berühmter Modedesigner sondern auch ein Charmeur und ein «gefeierter» Street-Artist. Ein etwas anderer Blick auf die Mercedes Benz Fashion Days Zurich.

Er ist nicht nur ein berühmter Modedesigner sondern auch ein Charmeur und ein «gefeierter» Street-Artist. Ein etwas anderer Blick auf die Mercedes Benz Fashion Days Zurich.

Am Donnerstag war es wieder so weit; der insbesondere bei Jungdesignern beliebte und vom Schweizer Modemagazin verliehene «Annabelle Award» wurde im Rahmen der Fashion Days – für eine Woche reicht es ja nicht in Zürich – zum elften Mal in Serie vergeben. Diesmal konnten die fünf Finalistinnen ein Praktikum beim renommierten Star-Designer Jean-Charles de Castelbajac gewinnen. Nominiert waren Nathalie Lukasik, Elisa Kaufmann, Julia Seemann, Nitya Unju Park (eine Baslerin, die in Zürich lebt), Julia Seemann und Tosca Wyss.

Dann, bei der Siegerehrung, war Jean Charles de Castelbajac ganz der Charmeur, ganz der Frauenversteher. Man hatte das Gefühl, dass es ihm leid tat, dass nur eine der fünf Nominierten gewinnen konnte. Sofort nach der Verkündigung zerzupfte er seinen, offensichtlich von Fleurop gesponserten, Blumenstrauss und schenkte jeder der Verliererinnen noch eine Rose von seinem Bouquet. Classy und ganz Gentlemen. Gewonnen hat übrigens Elisa Kaufmann mit ihrer beeindruckenden Kollektion, die sehr architektonisch anmutete und in Zusammenarbeit mit einem Innenarchitekten entstanden war. Die Schau wurde mit der aktuellen Kollektion von «studiowinkler» eröffnet; Julia Winkler, die vor zwei Jahren den Preis von der Annabelle verliehen bekommen hatte. Zu sehen war natürlich auch – in einer eindrücklichen Show – JC de Castelbajac SS15. Sicher einer der raren Höhepunkte der Zürcher «Half a Fashion Week».

Castelbajacs prekäre Marotte

Nach der Show ist vor der Show. Emsiges Treiben bei den Technikern und Helfern. Doch what the fuck ist dieses Riesengekritzel da am feuerfesten Molton, beim Eingang zum Laufsteg!? Und diese Zeichnung an der kleinen denkmalgeschützten Schranktür, ebenfalls im Schiffbau? Und es gibt noch mehr, direkt beim Bühnenaufgang! Hätte man diese Stelle wieder schwarz haben wollen bis zum nächsten Showcase, hätten an die 30 Quadratmeter neuer schwarzer Stoff besorgt und während einer zusätzlichen Nachtschicht montiert werden müssen. Denn es handelte sich an besagter Stelle um die längste Stoffbahn überhaupt bei der gesamten Bühnenkonstruktion, und das hätte, nur für die neue Stoffrolle, an die 1000 Franken Mehrkosten verursacht; Kran nicht mit eingerechnet… Widerwillig musste es der Veranstalter stehen lassen.

Castelbajac, der schon Weltstars wie Madonna, Lady Gaga oder Papst Johannes Paul II und sein restliches Bodenpersonal eingekleidet hat (in den Farben des Gay-Regenbogens) hat nämlich eine Marotte: Er verewigt sich überall, wo er gerade ist, mit seinen Zeichnungen, die er teils mit normaler Kreide (gut, das kann man wieder abwaschen) oder häufiger mit Ölkreide (nicht gut, denn das geht fast nicht mehr weg) anfertigt.

Es ist durch das Band eigentlich immer das gleiche Motiv erkennbar: ein Mädchen im Rechtsprofil, mit Flügeln dran, vergleichbar mit denen einer Taube. Kunstaffinen Menschen tun sich sofort Referenzen zu Picasso’s Tauben, Engeln und Mädchen auf und sie finden diese eigentlich besser. Das macht es dann schnell schwieriger, die Güte von Castelbajacs kleinen Kunstwerken zu beurteilen. Sie sind zwar nicht besonders schön (auch nicht die von Pablo), eigentlich auch nicht besonders gut, aber sie sind immerhin von einem grossen Mann… Und es sollte ab und an auch ein wenig Herz geben und nicht immer nur Style.

Später, nach ein paar Drinks im VIP-Zelt, gestaltete der Modeschöpfer auch kurzerhand den «Club Bellevue» mit einer Wandarbeit um, ein Teller in einem schicken Restaurant musste daran glauben (eine neue Technik, 30-jähriger Aceto Balsamico, neues Motiv, inspiriert von einer attraktiven Dame) und auch das Luxushotel Park Hyatt bekam ein Tauben-Mädchen verpasst. Auf Anfrage hin beim Park Hyatt wollte man sich zu diesem «Vorfall nicht äussern».

Wie einst Harald Naegeli, der als «Sprayer von Zürich» in die Kunstgeschichte einging, wütete JC, bewaffnet meist mit einer Ölkreide, zwei Tage lang in Zürich. Am Freitag flog er wieder zurück in die Kapitale der Mode – die meisten von seinen Verschönerungen im öffentlichen Raum sind bereits wieder verschwunden und blieben von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt. Weil das wäre ja nicht gegangen, gell, wenn das jeder machen würde!

An den ganzen vier Abenden der Fashion Days hatte ich eigentlich immer noch gehofft, eine doch noch etwas mehr auf Mode zugeschnittene Story zu finden. Doch was man zu sehen bekam war entweder schon in Paris, Berlin, Milano, New York, Genf, (teils selbst schon in Zürich an der Mode Suisse!) oder sonst auf style.com zu sehen und wurde, im Glücksfall, erst zum zweiten Mal in Zürich gezeigt und/oder war einfach nur langweilig. Max Mara zeigte ernsthaft Winter 2014, also das, was in wenigen Wochen auf dem Sale-Tisch landen wird. Freitags stand die Modeschau übrigens ganz unter dem Motto «Una Notte Italiana». Das erste, was präsentiert wurde, war ein Label, das den Namen «Studio Pretzel» trägt. Studio Mozzarella oder Tagliatelle ok, aber Pretzel, an einer Modenschau mit italienischem Fokus? «Wo san d’Weisswürscht?», würden da unsere bayerischen Nachbarn wohl fragen.

Die Mercedes Benz Fashion Days Zurich gingen am Samstag, mit zwei Défilés Schweizer Modemacher, zu Ende. Ich war auch wieder da. Nur diesmal hatte ich eine Stoffschere dabei.

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