«Es wird eine harte Woche, soviel ist sicher»

Stan Wawrinka setzt sich in der Nachtragspartie durch. Nun könnte der Schweiz in Neuland vorstossen: das Viertelfinale von Wimbledon. Die Chance kommt zu einem guten Zeitpunkt.

epa04291347 Stan Wawrinka of Switzerland returns during his third round match against Denis Istomin of Uzbekistan during the Wimbledon Championships at the All England Lawn Tennis Club, in London, Britain, 30 June 2014. EPA/VALDRIN XHEMAJ (Bild: VALDRIN XHEMAJ)

Stan Wawrinka setzt sich in der Nachtragspartie durch. Nun könnte der Schweiz in Neuland vorstossen: das Viertelfinale von Wimbledon. Die Chance kommt zu einem guten Zeitpunkt.

Auf der ersten Etappe seiner grossen Grand Slam-Aufholjagd hatte er den richtigen Schwung und auch das richtige Timing: Kurz bevor es im Südwesten Londons am Montag schon wieder vom Himmel herunterschüttete, rückte der bisher in der Regen-Lotterie vom Pech verfolgte Stanislas Wawrinka mit einem souveränen, jederzeit ungefährdeten 6:3, 6:3, 6:4-Sieg gegen den Usbeken Denis Istomin nachträglich ins Achtelfinale der Offenen Englischen Meisterschaften ein.

Nachzügler Wawrinka stellte damit seinen persönlichen Rekord auf den grünen Tennisfeldern des All England Club ein, 2008 und 2009 war er jeweils in die Runde der letzten 16 vorgestossen, danach aber hatte er eine lange Dürreperiode als Rasen-Aktivist erlebt. «Ich bin zufrieden, dass ich weitergekommen und durchgekommen bin», sagte Wawrinka, der gerade in der Endphase der Partei einige Male mit bangem Blick zum sich verfinsternden Horizont geschaut hatte.

Dienstag wartet schon das nächste Spiel

Bereits am Dienstag geht der Parforceritt für den Romand weiter: Dann erwartet ihn bei seinem Mammutprogramm der zweiten Woche das anspruchsvolle Duell mit dem Spanier 32-jährigen Feliciano Lopez, der überraschend in vier Sätzen den US-Hünen John Isner ausgeschaltet hatte. «Er ist ein ausgezeichneter Rasenspieler, hat hier schon tolle Ergebnisse gehabt. Ich habe Respekt vor dieser Aufgabe, aber ich gehe auch selbstbewusst rein in dieses Spiel», sagte Wawrinka.

Drei Mal hat Lopez bereits das Viertelfinale in Wimbledon erreicht, zuletzt 2011, als er dann gegen Andy Murray verlor. Im persönlichen Vergleich führt Wawrinka 3:2 gegen den Weltranglisten-Sechsundzwanzigsten, auf Gras sind sich die beiden altgedienten Professionals allerdings noch nie begegnet.

Auch Roger Federer greift nach fast dreitägiger Grand Slam-Pause wieder ins Geschehen auf dem geliebten grünen Rasen ein, auch er er spielt dann gegen einen Spanier, seinen alten Weggefährten Tommy Robredo. Gewinnen Wawrinka und Federer ihre Partien, käme es am Mittwoch zum grossen Schweizer Duell.



epa04291351 Denis Istomin of Uzbekistan takes a break during his third round match against Stan Wawrinka of Switzerland at the Wimbledon Championships at the All England Lawn Tennis Club, in London, Britain, 30 June 2014.  EPA/VALDRIN XHEMAJ

Erst musste Denis Istomin behandelt werden, dann… (Bild: VALDRIN XHEMAJ)

Die grösste Schrecksekunde hatte Wawrinka an einem anfangs sonnigen, später wieder verregneten Montag beim Stande von 4:1 im zweiten Satz zu überstehen. Gerade war sein Gegenspieler Istomin wegen Kreislaufbeschwerden für einige Minuten von einem der Turnierärzte behandelt worden, da setzte sich Wawrinka im nächsten Spiel bei einem Netzangriff unfreiwillig auf den Hosenboden – weggerutscht war er, hatte die Kontrolle verloren und war ziemlich unsanft auf dem verlängerten Rückgrat gelandet.

Für ein paar Sekunden blieb er liegen, mehr geschockt als ernsthaft verletzt, doch dann erhob er sich wieder, sehr zur Erleichterung auch seiner Entourage mit Davis Cup-Chef Severin Lüthi und Trainer Magnus Norman.

epa04291337 Stan Wawrinka of Switzerland takes a fall during his third round match against Denis Istomin of Uzbekistan during the Wimbledon Championships at the All England Lawn Tennis Club, in London, Britain, 30 June 2014.  EPA/VALDRIN XHEMAJ

…rutschte Wawrinka aus und blieb liegen. Eine Schrecksekunde. (Bild: VALDRIN XHEMAJ)

Sportlich hatte Wawrinka wenig Aufregung und Thrill zu überstehen, zu wenig wurde er nach einer Anfangsphase der offenen Kräfteverhältnisse von dem etwas angeschlagenen Istomin gefordert. Über weite Strecken wirkte der Vergleich eher wie ein Trainingsmatch unter verschärften Bedingungen – auch die nur 87 Minuten Spielzeit deuteten auf die hohe Überlegenheit des 28-jährigen Schweizers hin, der kein einziges Mal seinen Aufschlag abgab und regelmässig selbst seine Breakchancen nutzte.

Das Viertelfinale wäre Neuland für Wawrinka

Nun kann Wawrinka an diesem Dienstag auch in Wimbledon und in der besten Phase seiner langen professionellen Laufbahn Neuland betreten – und erstmals ins Viertelfinale im Grand Slam-Heiligtum einziehen. «Es wird eine sehr schwere Partie für ihn, aber ich bin optimistisch», sagte Wawrinkas Coach Magnus Norman. Er beklagte sich gleichzeitig über die Aufgabe, die seinem Schützlinge potenziell in dieser Woche bevorsteht: «Um zu gewinnen hier, müsste er fünf Spiele über maximal fünf Sätze in einer Woche bestreiten. Das ist unmenschlich.»

«Um zu gewinnen hier, müsste Stan fünf Spiele über maximal fünf Sätze in einer Woche bestreiten. Das ist unmenschlich.»

Coach Magnus Norman

Gefragt, ob er es ähnlich dramatisch sehe, meinte Wawrinka mit einem Achselzucken nur lakonisch: «Ich muss das spielen, was verlangt wird. Es wird eine harte Woche, soviel ist sicher. Aber zunächst denke ich sowieso nur an das kommende Match.» Das, auch das ist sicher, wird noch schwer genug.

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