Der neue ETH-Präsident hält nicht viel von den boomenden Online-Fernkursen, die immer mehr Hochschulen weltweit anbieten. Diese Kurse seien sinnvoll, aber nur als Ergänzung, sagt Lino Guzella in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag». Das Entscheidende beim Lernen sei der Austausch.
Die Online-Kurse seien eine Facette in der Entwicklung hin zu einer besseren Lehre, sagt der ETH-Präsident im Interview. «Sie sind sinnvoll, aber nicht alleinseligmachend.» Guzella sieht die Kurse vor allem «als Ergänzung.» Das Entscheidende beim Lernen sei der Austausch. So lerne man richtig, und nicht indem man etwas auf einem Bildschirm sehe.
«Wir wollen die Studierenden zu selbstständigen, kritischen und kreativ denkenden Menschen anleiten.» Die ETH wolle nicht Menschen ausbilden, die bestehendes Wissen wiedergäben, sondern solche, die neues schaffen könnten. Dieses «echte Lernen» finde nicht im Internet statt, sondern über den direkten Kontakt mit Menschen.
Die so genannten MOOC, Akronym für «Massive Open Online Courses», begannen ihren Aufschwung im Jahr 2011 in den USA, von wo sie nach Europa herüberschwappten. Die ETH Lausanne war eine der ersten europäischen Hochschulen, die sie anbot. Heute können an der EPFL 20 MOOC belegt werden, Dutzende weitere sind in Vorbereitung.
Auch andere Schweizer Hochschulen testen diese neue Lehrmethode, die Videos, Texte und Übungen flexibel einsetzt und mit einem Zertifikat abgeschlossen werden kann. Die ETH Zürich hat bisher vier MOOC für ein globales Publikum produziert. Die Universität Zürich bot bisher einen Kurs pro Jahr an.
Zulassungsbeschränkung für ausländische Studierende
Der 57-jährige Guzella ist seit 2002 Rektor der ETH Zürich. Am 1. Januar 2015 übernimmt er das Amt des Präsidenten und wird damit oberste Führungsperson der Hochschule. Als diese warnt Guzella im Interview vor einem grenzenlosen Wachstum der Studierendenzahlen und befürwortet eine Regulierung der ausländischen Studierenden.
85 Prozent der Bachelor-Studierenden an der ETH hätten eine Schweizer Matura, sagt der ETH-Präsident. «Und das ist richtig so.» Man wolle den Bezug zur Schweiz nicht verlieren und den Ausbildungsauftrag ernst nehmen. «Deshalb haben wir die Möglichkeit einer Beschränkung verlangt.»
Falls einmal viel mehr Ausländer an der ETH studieren wollten, müsse die ETH ein Instrument haben zur Regulierung. «Wir müssen dabei sein im internationalen Wettbewerb, wollen aber nicht blind wachsen», sagt der ETH-Präsident.