ETH-Rektor Lino Guzzella hat in seiner Ustertags-Rede vom Sonntag davor gewarnt, an den Gymnasien deutlich mehr Schülerinnen und Schüler aufzunehmen. Eine höhere Maturiätsquote würde «das duale Bildungssystem, um das uns das Ausland beneidet, gefährden», sagte er.
Zudem würde nach Ansicht des ETH-Rektors der Übertritt vom Gymnasium an eine universitäre Hochschule erschwert. Auf keinen Fall dürften die beiden Bildungswege gegeneinander ausgespielt werden.
Der berufliche Erfolg und damit der gesellschaftliche Aufstieg sei in der Schweiz nicht nur über den Gymnasialweg möglich, betonte Guzzella. Jungen Leuten stünden auch mit einer Berufslehre, der Berufsfachschule und Berufsmittelschule «praktisch alle Optionen offen».
Es gebe viele Beispiele erfolgreicher Karrieren in Wirtschaft, Politik, Kultur und selbst in der Wissenschaft, die mit einer Berufslehre begonnen haben. Jugendliche könnten am Erfolg wachsen und hätten auch die Möglichkeit, später Ausbildungen zu absolvieren und zwar «dann, wenn die Zeit dafür reif ist».
Qualität könnte leiden
Guzzella ist überzeugt, dass bei steigenden Maturitätsquoten die Qualität der gymnasialen Ausbildung nicht gehalten werden könnte. Mehr Maturandinnen und Maturanden führten auch nicht automatisch zu einer höheren Akademikerquote. Die Schweiz weise nämlich mit ihrer für den OECD-Raum niedrigen Maturitätsquote einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Personen mit einem Hochschulabschluss auf.
Dank einer «sinnvollen Auswahl» der Gymnasiastinnen und Gymnasiasten sei die Erfolgsquote später höher. Zudem führe dank den Berufsmittelschulen und den Fachhochschulen ein zweiter Weg zum Hochschulabschluss.
Statt über die «richtige Maturaquote» zu streiten, sollte es laut Guzzella darum gehen, die Ausbildung an den Gymnasien auf hohem Niveau zu halten. Die Anstrengungen der Gymnasien müssten sowohl von Bildungspolitikern wie auch von den universitären Hochschulen unterstützt werden.
Fachhochschulen sollen keine Doktortitel vergeben
Nichts hält der ETH-Rektor davon, den pädagogischen Hochschulen und den Fachhochschulen zu erlauben, selbst Doktortitel zu vergeben. Ein eigenständiges Promotionsrecht würde seiner Ansicht nach zu einem Auseinanderdriften der Hochschulen unterschiedlichen Typs führen.
Grundsätzlich solle jeder Hochschultyp neben Bachelor- und Masterstufe eine dritte Qualifikationsstufe anbieten. An den universitären Hochschulen sei dies das Doktorat. An den nichtuniversitären Hochschulen könne es ein gemeinsam mit universitären Hochschulen durchgeführtes Doktoratsprogramm sein.
Die pädagogischen Hochschulen und Fachhochschulen sollen auch andere Varianten einer dritten Qualifikationsstufe entwickeln können. Diese sollten international lesbar und dem Doktorat gleichrangig sein, aber nicht Doktorat heissen, sagte Guzzella.
In Uster ZH wird alljährlich an eine Volksversammlung vom 22. November 1830 erinnert. Damals forderte die Zürcher Landbevölkerung von den «gnädigen Herren» in Zürich nicht nur Steuererleichterungen und eine angemessene Vertretung im Kantonsparlament, sondern auch eine «durchgreifende Verbesserung im Schulwesen».