Etienne Jornod bleibt Verwaltungsratspräsident der «Neuen Zürcher Zeitung» (NZZ). Der Westschweizer wurde am Samstag an der Generalversammlung in Zürich mit deutlicher Mehrheit für weitere vier Jahre gewählt – trotz scharfer Kritik an seinem Kurs.
Nach den Turbulenzen in den vergangenen Monaten musste sich der Verwaltungsrat auf eine unangenehme Versammlung gefasst machen. Gleich zwei Aktionärsgruppen hatten im Vorfeld Angriffe auf die Spitze des Unternehmens angekündigt.
Die eine Gruppe wollte Jornod aus dem Amt jagen, die andere den Verwaltungsrat nur noch auf ein Jahr statt wie bisher auf vier Jahre wählen lassen. Um sich ein Stimmrecht zu sichern, hatten gar mehrere NZZ-Journalisten in den vergangenen Wochen Aktien gekauft.
Die Versammlung sei jedoch «enttäuschend normal» verlaufen, sagte ein Teilnehmer gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Jornod habe zwar einiges an Kritik einstecken müssen, bei der Wiederwahl aber erstaunlicherweise das beste Resultat erzielt.
Kritisiert wurde Jornod vor allem in Zusammenhang mit der Wahl des neuen Chefredaktors. Dass er als Nachfolger von Markus Spillmann den Chefredaktor der «Basler Zeitung» und Christoph Blocher nahe stehenden Markus Somm an die Spitze der NZZ-Redaktion holen wollte, hatte auch redaktionsintern heftige Reaktionen ausgelöst.
Der frühere NZZ-Auslandredaktor Reinhard Meier bezeichnete das Manöver mit «Blocher-Mann Somm» als Anschlag auf die Seele der NZZ und als «schrecklichen Mangel politischer Urteilsfähigkeit», wie die NZZ auf Twitter verlautete. Sein Antrag, Jornod abzuwählen, wurde jedoch mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.
Jornod klar bestätigt
Weil die Amtsdauer der Verwaltungsräte vier Jahre dauert, mussten sich nur drei der neun Mitglieder der Wiederwahl stellen: Neben Präsident Jornod waren dies Christoph Schmid und Bernd Kundrun. Alle drei wurden mit klaren Mehrheiten in ihren Ämtern bestätigt.
Unangetastet blieb auch die vierjährige Amtszeit. Ein Antrag der Aktionärsgruppe «Freunde der NZZ» um Erhard Lee, Oliver Benz und Edwin van der Geest, die Amtszeit auf ein Jahr zu beschränken und die Statuten entsprechend zu ändern, fand keine Mehrheit.
Das bestehende Modell mit den gestaffelten vierjährigen Amtszeit habe den Vorteil, dass es eine regelmässige Erneuerung bei gleichzeitiger Konstanz erlaube, heisst es in einer Mitteilung der NZZ. Dies ermögliche den Verwaltungsräten, gemeinsam eine langfristige Sichtweise zu entwickeln und trage damit zur Sicherung der wirtschaftlichen und politischen Unabhängigkeit des Mediums bei.
Scharfe Kritik zur Begrüssung
Empfangen wurden die Aktionärinnen und Aktionäre von ehemaligen Redaktionsmitgliedern mit einem Flugblatt. Die Gruppe ohne Stimmrecht schlug dabei ungewohnt scharfe Töne an. Dem Verwaltungsrat und der Unternehmensleitung wurde vorgeworfen, sie hätten das einstige «Flaggschiff der Schweizer Presse» in eine Krise geführt, es der Lächerlichkeit preisgegeben und unverantwortbaren Risiken ausgesetzt.
Bei der NZZ herrscht seit dem vergangenen November Unruhe. Im November gab der Verwaltungsrat bekannt, dass die Druckerei in Schlieren auf Mitte dieses Jahres geschlossen und die «Neue Zürcher Zeitung» und die «NZZ am Sonntag» in Zukunft bei der Konkurrentin Tamedia gedruckt werde. 125 Angestellte verlieren damit ihren Job.
Für weitere negative Schlagzeilen sorgte der Verwaltungsrat im Dezember, als er bekannt gab, dass Chefredaktor Markus Spillmann wegen unterschiedlichen Auffassungen die Zeitung Ende Jahr verlassen werde.
Als ruchbar wurde, dass als Nachfolger der Chefredaktor der «Basler Zeitung», Markus Somm, ernannt werden sollte, hagelte es Proteste. Aufgrund des öffentlichen Drucks entschied sich der Verwaltungsrat für eine interne Lösung. Zum Chefredaktor ernannt wurde Auslandchef Eric Gujer.
Dieser räumte an der Generalversammlung ein, dass die letzten Monate für die Redaktion belastend gewesen seien. Die grosse Mehrheit der Journalisten blicke nun aber nach vorne.