Etwas Sax-Appeal zu Ehren von Adolphe Sax‘ Geburtstag

Seine Name ging in die Geschichte ein: Vor 200 Jahren, am 6. November 1814, wurde Adolphe Sax geboren. Berühmt wurde er durch sein selbst entwickeltes Blasinstrument, das er gleich nach sich benannte: Dem Saxofon. Zu seinen Ehren: Eine Liste berühmter Sax-Popsongs. Seine Name ging in die Geschichte ein: Vor 200 Jahren, am 6. November 1814, […]

Adolphe Sax, der Erfinder des Saxofons.

Seine Name ging in die Geschichte ein: Vor 200 Jahren, am 6. November 1814, wurde Adolphe Sax geboren. Berühmt wurde er durch sein selbst entwickeltes Blasinstrument, das er gleich nach sich benannte: Dem Saxofon. Zu seinen Ehren: Eine Liste berühmter Sax-Popsongs.

Seine Name ging in die Geschichte ein: Vor 200 Jahren, am 6. November 1814, wurde Adolphe Sax in Belgien geboren und trat bald in die Fussstapfen des Vaters: der war ein Tüftler und Instrumentenbauer. Der Sohn liess sich zusätzlich am Konservatorium ausbilden, bevor er sich mittellos, jedoch mit einem neuen, selbst entwickelten Blasinstrument im Gepäck, auf nach Paris machte: einem Holzblasinstrument (aufgrund des Rohrblatts, das den Ton erzeugte) für tiefere Lagen.

Sax‘ Horn war derart neu, dass er sich darauf das Patent sichern konnte: Nummer 3226. Es sollte ihn reich machen, vor allem aber berühmt: Ausser dem Saxofon gibt es kein ähnlich populäres Instrument, das den Namen seines Schöpfers trägt. Seine Verbreitung verdankt es in erster Linie dem Jazz, der ohne es einiges ärmer wäre, doch fand es bald den Weg in den Pop und hat dort manchem Song einen Hook aufgedrückt, der ihn erst zum Hit machte.

Zum Geburtstag von Adolphe Sax: eine Auswahl davon.

1. Gerry Rafferty: «Baker Street»

Ein Archetyp eines Sax-Hooks, der einen Song in den Status eines Evergreens hochzuschmettern vermag: 1978 erschien diese etwas zaghafte Ballade eines britischen Folksängers mit einer zarten Stimme. Gerry Rafferty war da bereits fast 30 und hatte mit seiner früheren Band Stealers Wheel bereits ein kleines Ausrufezeichen gesetzt, aber etwas in der Grösse von «Baker Street» hatte er vorher nicht und sollte er nie mehr hinkriegen. Man darf vermuten, dass einiges davon der berühmten Saxofonmelodie zu verdanken ist. Eingespielt hat sie der kürzlich verstorbene Raphael Ravenscroft, ein Könner für Kenner: Er blies das Sax unter anderem auch für Pink Floyd, Robert Plant oder gar Daft Punk. Sein berühmtester Beitrag sollte sich jedoch für ihn nicht auszahlen, er erhielt einzig einen Scheck für 27 Pfund, der nicht mal gedeckt war. Auf Gerry Raffertys Konto hingegen landeten jedes Jahr rund 80’000 Pfund an Tantiemen für «Baker Street», unter anderem für gelungene Coverversionen wie die von Underworld 1992, die im Groove das Original weit übertraf.

2. Madness: «One Step Beyond»

Der Ska und die Bläser: eine fortlaufende Liebesgeschichte. Trompeten und Posaunen gehören seit jeher zum Inventar jeder aufpeitschenden Off-Beat-Kappelle, niemand jedoch hat dem Saxofon einen derartigen Ehrenplatz freigeräumt wie Madness mit diesem Instrumental aus dem Jahr 1979. Erfunden haben die Briten diesen Knaller nicht, das Original stammt tatsächlich aus Jamaika, aber erst die Version von Madness schaffte es zu einer Genre-Hymne, die auch, selten genug im Ska, die Charts stürmte: in England auf Platz 7, in Frankreich sogar an die Spitze und in der Schweiz, man staune, auf Platz 3. Es war eine andere Zeit. Madness sind – nach einer Pause von zehn Jahren – auch heute noch aktiv, und noch immer eröffnen sie ihre Konzerte mit dem «heavy heavy monstersound» dieses Saxofon-Tracks.

3. Candy Dulfer & Dave Stewart: «Lily Was Here»

Vor 25 Jahren ging das noch: mit dem Saxofon Karriere im Pop machen. Auch Candy Dulfer stammt aus dem Jazz, den sie vom Vater Hans Dulfer vererbt erhielt, auch er ein Jazz-Saxofonist, der gerne Genregrenzen überschritt. Eine Familienangelegenheit, die 2002 mit «Dulfer Dulfer» in einem gemeinsamen Album gipfelte. Da hatte sich Tochter Candy bereits als Saxofonistin im Pop etabliert, angefangen mit dem Instrumental-Duett «Lily Was Here» mit Dave Stewart (Eurythmics) zum gleichnamigen Film, ein Track, der noch heute als Evergreen in den Warteschleifen von Customer-Care-Centers zu hören ist. Seither ist sie im Pop gefragt, vor allem von Prince, der ihre Karriere nachhaltig förderte, daneben spielte sie auch für Grössen wie Blondie, Van Morrisson und Pink Floyd. Dass Letztere mit einem Saxofon was anfangen können, haben sie schon seit längerem bewiesen.

4. Dominique & The Wondertoys: «Irene»

Die Achtziger und frühen Neunziger waren die Jahre, in denen das Saxofon endgültig in den hehren Hallen des Mainstream-Pop angekommen war. Davon zeugten nicht nur Charthits wie Sades «Smooth Operator», sondern auch dieses Zeitzeugnis aus Basel. Dominique Alioth, der mit The Wondertoys sich hierzulande schon Jahre vor Cool Britannia als Herold des britischen Pop entpuppte, bewies mit dieser feinen Nummer einmal mehr seine Klasse im Songwriting. Ein starker Hook vom Saxofon zu Beginn, um den Song voranzupfeffern, und danach gepflegter Pop. Überzeugte sogar den Schweizer Fernsehmoderator, damals 1988. Warum Dominique Alioth, 1999 verstorben, der grosse Karrieresprung versagt blieb, bleibt noch heute ein Rätsel, wenn man sich anhört, wie wenig «Irene» (im Unterschied zum derben Look der Band) gealtert ist.

5. The Stooges: «Fun House»

Eine Bastion vermochte Adolphe Sax‘ Patent kaum je zu knacken: den Rock (und gemeint ist nicht sowas). Der durchaus nicht penetranzfreie, auf jeden Fall reichlich aufgekratzte Sound des Saxofons passte kaum zur Härte und Düsternis des Rock, erst recht nicht nach den Erschütterungen des Punk. Eine der wenigen Ausnahmen sind ausgerechnet dessen Ahnen The Stooges. Die Detroiter Pioniere um Iggy Pop legten 1970 ihr zweites Album «Fun House» vor, das noch heute von Heroen des Alternative Rock wie Henry Rollins, Steve Albini oder Nick Cave als eine der wegweisendsten Platten geadelt wird. Wegweisend war auf jeden Fall das Titelstück: ein achtminütiger, schroffer, dem Blues abgerungener Kracher, auf dem Steven MacKay von vorne bis hinten mit dem Tenorsax mitröhrt.

6. M83: «Midnight City»

Der «Sax Appeal» hat es heute, man muss es zugeben, nicht mehr so einfach wie vor 25 Jahren. Wo sein cheesy dominanter Sound noch auftaucht, klingt das so wie bei bei den französischen Synthie-Bohemians M83: am Ende, wenn der Song quasi durch ist, dröhnt ihn ein Saxofon noch ins Fade-Out. Kein neuer Trick, den kannte schon Lou Reed auf seinem «Walk On The Wildside», aber offenbar erlebt das Saxofon im Pop eine kleine Rausschmeisser-Renaissance: Auch Lady Gaga, der grösste Popstar der letzten Jahre, hat sich für «The Edge Of Glory» der goldenen Tröte bedient, um dem Schlussfurioso des Songs noch den nötigen Kick zu geben. Eingespielt hat die Spur mit Clarence Clemons übrigens einer der prominentesten Saxofonisten der grossen Bühnen: als festes Mitglied von Bruce Springsteens E-Street-Band, deren Spiel er für den einen oder anderen Song den Stempel aufzudrücken vermochte. Das Gastspiel für Lady Gaga war Clemons‘ Abschiedsmelodie: Er starb im Juni 2011 an den Folgen eines Schlaganfalls.

7. Macklemore & Ryan Lewis: «Thrift Shop»

Was bleibt: das Sample. Die alten Platten aus den Archiven von Motown oder Atlantic werden im Hip-Hop als Rohmaterial neu hervorgeholt, und dadurch hat es auch manche alte Saxofon-Melodie zu neuen Weihen geschafft. Die Beastie Boys konnten sowas natürlich schon vor über 25 Jahren, aber der Steinbruch ist noch lange nicht ausgebaggert (eine Übersicht zu Sax-Samples im Hip-Hop gibts hier). Wo das noch immer hinführen kann, zeigte Macklemore vor zwei Jahren mit «Thrift Shop»: erschienen auf seinem eigenen Minilabel, kletterte der Song langsam, aber stetig bis an die Spitze der US-Charts und wurde dieses Jahr mit einem Grammy für den besten Rap-Track ausgezeichnet. Ein humorvoller Kommentar zum Materialismus des Genres, umkränzt von einem endlos rotierenden Sax-Sample.

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