Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat vor den Gefahren durch drei Insektizide für Bienen gewarnt. Die von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Untersuchung habe eine Reihe von Risiken gezeigt, teilte die Behörde am Mittwoch mit.
Dabei ging es um die Insektizide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam der Unternehmen Bayer und Syngenta, die zu der Gruppe der Neonicotinoide gehören. Diese Art von Insektiziden stehen seit längerer Zeit im Verdacht, bei Vergiftungen und dem Massensterben von Bienen eine Rolle zu spielen.
Die EFSA-Experten hatten den Auftrag, kurz- und langfristige Folgen für Bienenvölker, Larven und das Verhalten der Tiere zu untersuchen. Aufgrund fehlender Daten konnte die EFSA nach eigenen Angaben nicht alle Analysen endgültig abschliessen.
Die Behörde kommt dennoch zu dem Schluss: „Die EFSA-Wissenschaftler haben etliche Risiken für Bienen durch (die) drei Neonicotinoid-Insektizide ermittelt.“
Beunruhigende Schlussfolgerungen
Ein Sprecher von Gesundheits- und Verbraucherschutzkommissar Tonio Borg wies ebenfalls darauf hin, dass es noch Lücken in den verfügbaren Daten gebe. Dennoch habe die Untersuchung „ziemlich klare“ und „beunruhigende“ Schlussfolgerungen ergeben über die Auswirkungen dieser Produkte auf Nektar, Pollen und aus Pflanzen austretendes Wasser.
Die EU-Kommission will nun Bayer und Syngenta schriftlich zu einer Stellungnahme auffordern und das Thema Ende Januar mit den EU-Ländern diskutieren.
Wenn es bewiesenermassen ein Problem mit diesen Produkten gebe, „wird die Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten die notwendigen Massnahmen ergreifen“, sagte der Kommissionssprecher.
Einschränkung der Anwendung möglich
In der Schweiz war der Bundesrat in einem Bericht von vergangenem Oktober zum Schluss gekommen, dass es nicht nötig sei, Insektizide wie Clothianidin zum Schutz der Bienen zu verbieten.
Die relativ geringe Zahl von Bienen-Vergiftungsfällen in der Schweiz deute darauf hin, dass das Bewilligungssystem effektiv sei, heisst es im Bericht.
Seit Beginn der Analysen von aussergewöhnlichen Bienenmortalitäten im Jahr 1957 habe kein einziger Fall damit in Verbindung gebracht werden können, dass Saatgut mit Neoicotinoiden behandelt worden sei. Auch habe eine Studie des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) von 2009 bestätigt, dass die geltenden Auflagen genügten, um die Bienen zu schützen.
Das BLW schliesst allerdings nicht aus, dass die Anwendung der Insektizide angesichts neuer Erkenntnisse weiter eingeschränkt werden könnte, wie Vizedirektorin Eva Reinhard am Mittwoch auf Anfrage sagte.
Syngenta wehrt sich
Der Basler Agrochemiekonzern Syngenta protestierte am Mittwoch vehement gegen die Einschätzung der EFSA. Die Studie sei offensichtlich unter politischem Druck und übereilt verfasst worden, hiess es in einem Communiqué.
Der in lediglich drei Monaten erstellte Bericht sei nicht nur mit vielen Unsicherheiten behaftet; er berücksichtige auch weder die umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchungen, die im Vorfeld der Produktelancierung durchgeführt worden seien, noch die seither während vieler Jahre gemachten Feldbeobachtungen.
Der Bericht sei daher der ESFA und ihrer Wissenschaftler „unwürdig“, schreibt Syngenta wörtlich. „Wir werden mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln das Produkt verteidigen.“
Ohne Neonicotinoide könnte die Wirtschaftsleistung in Europa in den nächsten fünf Jahren um bis zu 17 Milliarden Euro geschmälert werden, so Syngenta weiter. Dies bedrohe 50’000 Arbeitsplätze direkt und könnte sich auf das Einkommen von bis zu einer Million Menschen in der Landwirtschaft auswirken.