Die Europäische Antibetrugsbehörde OLAF hat im vergangenen Jahr so viele Hinweise auf Betrug erhalten wie nie zuvor. Insgesamt 1264 Verdachtsfälle von Privatpersonen und Behörden gingen 2012 ein, ein Fünftel mehr als im Vorjahr.
Die meisten Meldungen erhielt OLAF 2012 zu möglicherweise falsch ausgegebenen Geldern aus den Strukturfonds, die weniger entwickelten Regionen Europas helfen sollen. OLAF-Chef Giovanni Kessler wertete bei der Vorstellung des Jahresberichts die Zunahme als Vertrauensbeweis.
Seine Behörde steht nach Untersuchungen gegen den früheren Verbraucherkommissar John Dalli unter Beschuss aus dem EU-Parlament. Die Ermittlungen hatten zum Rücktritt Dallis im Herbst geführt – dieser steht im Verdacht, von Geldforderungen eines Freundes an die Tabakindustrie gewusst zu haben. Inzwischen liegt der Fall bei den Behörden von Dallis Heimatland Malta.
Auch im laufenden Jahr, also nach dem Rücktritt des EU-Kommissars, gingen laut Kessler weiterhin viele Meldungen bei der Behörde ein. «Nach diesem Fall melden sich sogar mehr Menschen bei OLAF, auch öffentliche Stellen», erklärte Kessler am Donnerstag in Brüssel. Die Behörde wird in der Regel aktiv, wenn sie Tipps erhält.
Neben Hinweisen zu Strukturfonds erhielt OLAF auch viele Hinweise zu möglichem Fehlverhalten von EU-Mitarbeitern und zur Verwendung von Agrargeldern. Zigarettenschmuggel sowie falsche Spesenabrechnungen eines EU-Parlamentariers deckten die OLAF-Fahnder ebenfalls auf.
Speditiver seit Reorganisation
OLAF bearbeite Verdachtsfälle seit einer Neuorganisation im vergangenen Jahr deutlich schneller, sagte Kessler. Die Korruptions- und Betrugsermittler starten Untersuchungen auf Hinweis von Privatpersonen, Behörden oder EU-Angestellten. Auch anonymen Tipps gehen sie nach.
Ziel der Ermittlungen ist die Rückzahlung solcher Gelder. 284 Millionen Euro empfahl OLAF 2012 zur Rückzahlung. Nur 94,5 Millionen Euro fanden indes den Weg zurück in europäische Töpfe.
Dafür seien jedoch die nationalen oder europäischen Behörden verantwortlich, die für die Mittel zuständig seien. «Unsere Empfehlungen sind nicht rechtlich bindend», sagte Kessler.