Die EU wirbt weiter für Freihandel, sendet aber zunehmend harschere Töne Richtung USA und China. So beauftragten die EU-Staats- und Regierungschefs die EU-Kommission, stärker auf Gleichbehandlung bei der öffentlichen Auftragsvergabe und Investitionen zu achten.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker betonte am Freitag nach dem zweitägigen Gipfeltreffen in Brüssel erneut, dass fairer und freier Handel für ihn zusammengehörten. Da ist er sich mit EU-Ratspräsident Donald Tusk einig, der bereits in seinem Einladungsschreiben für den EU-Gipfel eine «unkontrollierte Globalisierung» gegeisselt hatte.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte während einer gemeinsamen Medienkonferenz mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron: «Ich würde sagen, dass die Reziprozität die richtige Antwort ist, zum Beispiel wenn es Ausschreibungen gibt.» Merkel und Macron berichteten ganz und gar übereinstimmend von den Ergebnissen des Gipfels.
Die Kanzlerin sagte weiter: «Wenn wir Zugang zum Beispiel zu öffentlichen Ausschreibungen in den USA haben», dann sollten die USA auch Zugang zu den öffentlichen Ausschreibungen in den EU-Ländern erhalten. Erhielten die Europäer diesen vollen Zugang nicht, dann müsse man sich eine «Antwort aus europäischer Sicht» überlegen. Macron äusserte sich ähnlich wie Merkel. Die EU müsse für offene Märkte sein, dürfe aber nicht naiv sein, sagte der Präsident.
US-amerikanische Bundesstaaten bevorzugen amerikanische Firmen bei öffentlichen Aufträgen. US-Präsident Donald Trump hat zudem eine «America First»-Strategie verkündet.
Die EU-Regierungen sprachen sich zudem für Massnahmen zur Abwehr unfairer Handelspraktiken wie Dumping-Angeboten aus. Das zielt in erster Linie auf chinesische Stahlimporte. Dazu soll die EU-Kommission Investitionen aus dem Ausland, etwa in bestimmte Unternehmen, stärker unter die Lupe nehmen.
Sowohl zu den öffentlichen Ausschreibungen wie auch zu den Investitionen kündigte Juncker weitere Gesetzesinitiativen für die nächsten Monate an, nannte aber keine Details.
Keine Annäherung bei Flüchtlingen
Keinen gemeinsamen Nenner fanden die EU-Chefs hingegen beim Thema Flüchtlingsverteilung. Merkel machte aber deutlich, dass sie an dem Prinzip der Bereitschaft zur Solidarität festhalten werde: «Ich werde nicht aufhören, darüber zu sprechen.»
In der Abschlusserklärung des EU-Gipfels am Freitag in Brüssel wurden die zuständigen Minister aufgerufen, ihre Arbeiten an der Reform der Asylpolitik, der so genannten Dublin-Reform, fortzusetzen.
Macron stellte sich erneut mit klaren Worten hinter die Flüchtlingspolitik Merkels. «Wir müssen Flüchtlinge aufnehmen, weil das unsere Tradition ist und weil uns das zu Ehren gereicht», sagte er. «Wir müssen Solidarität zeigen, wenn ein Nachbar mit einem enormen Zustrom an Flüchtlingen oder Migranten konfrontiert ist.»
Er werde zudem immer an der Seite Merkels stehen, um zu verhindern, dass es noch einmal zu einer Flüchtlingskrise wie vor zwei Jahren komme, sagte der Franzose weiter.
Nach Angaben von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, der als einer der schärfsten Kritiker Merkels in der Flüchtlingspolitik gilt, soll zunächst eine Einigung in den Punkten erreicht werden, bei denen es die meisten Schnittmengen gebe. Erst danach wollen die EU-Staaten die strittige Frage der Verteilung der Flüchtlinge angehen.
Mehr Kooperation mit Transitländern
Bei der Kooperation mit den Herkunfts- und Transitländern von Migranten herrscht hingegen wieder Einigkeit. Die EU-Staaten wollen diese weiter verstärken, um den Migrationsdruck auf Libyen zu stemmen, heisst es in der Gipfelerklärung weiter. «Das Training und die Ausrüstung der libyschen Küstenwache ist eine Schlüsselkomponente des EU-Ansatzes und sollte beschleunigt werden.»
Die internationale Organisation für Migration und das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR bleiben demnach wichtige Partner für freiwillige Rückführungen und zur Verbesserung der Aufnahmebedingungen. Die Zerstörung des Geschäftsmodells von Schmugglern bleibe das Ziel.