Die EU-Finanzminister haben in Luxemburg zum ersten Mal vertieft über den automatischen Informationsaustausch bei Steuer-Rulings diskutiert. Diesen hatte die EU-Kommission im März lanciert, um gegen Steuerschlupflöcher für internationale Konzerne vorzugehen.
Die Finanzminister streiten zwar noch über einige Punkte, doch sie unterstützen den Plan der Kommission mehrheitlich. «Wir kommen zügig voran», bestätigte denn auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble nach dem Treffen mit seinen Amtskollegen. Auch der lettische Finanzminister Janis Reirs sagte, es habe Fortschritte gegeben.
In Steuer-Rulings – auch Steuer-Vorbescheide oder Tax-Rulings genannt – legt eine Steuerbehörde einem Unternehmen dar, welche Steuerregeln wie zur Anwendung kommen. Dies gibt dem Unternehmen Planungs- und Rechtssicherheit.
Gewisse Staaten interpretieren diese Steuer-Rulings aber sehr breit und gewähren Unternehmen grosszügige Steuerprivilegien. Das geschah auch in Luxemburg, wo entsprechende Praktiken unter dem Stichwort «LuxLeaks» öffentlich wurden. Nach Bekanntwerden des Falles wurde die EU-Kommission aktiv, um diese Steuervermeidung einzudämmen.
Rückwirkende Regelung umstritten
Zurzeit streiten sich die EU-Finanzminister noch, inwieweit der automatische Informationsaustausch rückwirkend angewendet werden soll. EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici hatte vorgeschlagen, dass die Regel für die vergangenen zehn Jahre gelten soll.
Das geht vielen Staaten aber zu weit. «Zehn Jahre sind aus unserer Sicht zu lang», sagte etwa der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling. Die Rückwirkungsklausel solle für weniger als fünf Jahre gelten. Andere Staaten gehen noch weiter: Sie fordern eine Rückwirkung von nur drei Jahren.
Grund für ihre Forderung ist der hohe administrative Aufwand und die damit einhergehenden Kosten. Moscovici reagierte auf die Kritik mit dem Vorschlag, nur Basisinformationen auszutauschen. Das verringere den Aufwand, sagte er.
Problem mit Datenschutz
Zudem ist unklar, mit wem die Informationen ausgetauscht werden sollen. Die EU-Kommission möchte die Steuer-Vorbescheide einsehen können, was aber umstritten ist. Denkbar wäre auch, dass jeweils nur zwei Staaten die Daten austauschen können, oder aber alle Staaten zusammen.
Besonders Polen und Deutschland meldeten aber Bedenken an. Sie warnten vor Problemen mit dem Datenschutz.
Geht es nach der EU-Kommission, sollen die Informationen alle drei Monate ausgetauscht werden. Die neue Regelung soll 2016 in Kraft treten, dazu müssen aber die Finanzminister den Vorschlag gutheissen.
Tatsächlich habe es in den letzten zwei Monaten nicht wenige Fortschritte gegeben, sagte der lettische Finanzminister Reirs am Ende der Diskussion. So etwa sei man in der Frage, was Steuer-Rulings alles umfassen, nahe an einer Einigung. Den Informationsaustausch in weniger als zwölf Monaten unter Dach und Fach zu bringen, werde aber unmöglich sein.
Schweiz vorerst nicht involviert
Mit Drittstaaten wie der Schweiz ist ein solcher Informationsaustausch zu Steuer-Rulings bisher nicht vorgesehen. Allerdings sagte der EU-Steuerkommissar Moscovici Ende Mai, er hoffe eines Tages auch mit der Schweiz darüber zu diskutieren.
Hingegen lenkte die Schweiz bereits letzten Oktober unter Druck der EU ein, gewisse Steuerregime aufzugeben. Diese ermöglichen es Unternehmen, im Ausland erzielte Gewinne zu tieferen Sätzen zu versteuern als im Inland. Mit der Unternehmenssteuerreform III will der Bundesrat diese Privilegien abschaffen.