Die EU hat eine neue Regierung, eine Verfassungsreform sowie freie Präsidentenwahlen in der Ukraine gefordert. In einer Erklärung der EU-Aussenminister in Brüssel heisst es auch, Kiew solle sich internationaler Möglichkeiten zur Krisenbewältigung bedienen.
Internationale Organisationen wie der Europarat, die OSZE oder die Vereinten Nationen könnten dabei helfen. Die Europäische Union verfolge die Lage in der Ukraine «mit grosser Besorgnis und bleibt bereit, schnell auf Verschlechterungen vor Ort zu reagieren», heisst es in der gemeinsamen Erklärung der EU-Aussenminister.
Die EU behält sich die Möglichkeit von Sanktionen gegen die Regierung von Präsident Viktor Janukowitsch vor, wenn diese sich nicht um eine Entschärfung des Konflikts mit der Opposition bemüht.
Vorerst keine Sanktionen
Vorerst aber sprach sich eine breite Mehrheit der EU-Minister gegen die Androhung von Sanktionen aus. Mehrere Minister forderten aber, Zwangsmassnahmen weiterhin als mögliche Massnahmen in der Hinterhand zu halten. Dabei könnte es um das Einfrieren von Bankkonten und Einreiseverbote in die EU gehen.
Die EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton erklärte: «Wir sind zu wirtschaftlicher Hilfe im Rahmen der nötigen Reformen bereit. Und wir stehen mit vielen anderen Ländern und Institutionen in dieser Frage im Kontakt.» Ashton hatte Ende Januar in einem Interview mitgeteilt, sie arbeite gemeinsam mit den USA an einem wirtschaftlichen Hilfsprogramm für die Ukraine.
Staatsbankrott verhindern
Diese Hilfe soll für den Fall, dass es zu einer Übergangsregierung unter Beteiligung der Opposition und zu einer Demokratisierung der Ukraine kommt, den Staatsbankrott verhindern. Bisher gibt es jedoch keinerlei Angaben darüber, welche Staaten oder Organisationen bereit sind, sich an dem Paket zu beteiligen.
Die Ukraine hat bisher alle Forderungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) nach tiefgreifenden Reformen ihrer Wirtschaftspolitik abgelehnt. Diese Reformen sollen aber auch Voraussetzungen für das EU-Hilfspaket sein.
Die Opposition in der Ukraine fordert schon seit längerem Verfassungsänderungen, um die Befugnisse Janukowitschs zu begrenzen. Die Regierung lehnt Verfassungsänderungen nicht grundsätzlich ab, sieht aber keinen Grund zur Eile. Die Oppositionsgruppen haben unterschiedliche Ansichten über die Art der nötigen Änderungen.
Die Demonstrationen in dem zweitgrössten Flächenstaat Europas waren ausgebrochen, nachdem Janukowitsch auf Druck Russlands ein bereits ausgehandeltes Assoziierungsabkommen mit der EU Ende November auf Eis gelegt hatte. Bei den Protesten kamen mindestens vier Menschen ums Leben, Hunderte wurden verletzt.
Musikalischer Schlagabtausch
Statt gewaltsamer Auseinandersetzungen haben sich Polizei und Regierungsgegner am Montag einen musikalischen Schlagabtausch geliefert: Auf einem in den blau-gelben Landesfarben gestrichenen Klavier spielten oppositionelle Aktivisten und Prominente auf der Barrikadenfront in Kiews Innenstadt sowohl die Nationalhymne als auch Chopin-Kompositionen und den Beatles-Hit «Let it Be».
Zu den wechselnden Pianisten gehörte auch die ukrainische «Eurovision Song Contest»-Gewinnerin Ruslana. Die Bereitschaftspolizei konterte, indem sie ihre Soundanlage lauter stellte, aus der russische Popsongs erschallten.
Ähnliche Protestkonzerte wurden am Montag auch in neun anderen ukrainischen Städten organisiert, darunter im westlich gelegenen Lemberg (Lwiw) und in der pro-russisch geprägten Stadt Donezk im Osten.