In der EU gelten ab (morgen) Samstag neue Kennzeichnungspflichten für Lebensmittel. Schweizer Konsumenten, die im EU-Raum einkaufen, profitieren davon.
Dagegen bereitet die neue Deklarationspflicht Schweizer Unternehmen grosse Sorgen: Denn diese gilt auch für Importe aus Drittstaaten wie der Schweiz.
Allergiker profitieren am meisten von der neuen Regelung: Künftig müssen die 14 Stoffe, die besonders häufig Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen, deutlich gekennzeichnet werden. Es handelt sich dabei etwa um Nüsse, Meeres- und Weichtiere, Senf, Soja oder Sesamsamen.
Die Stoffe müssen im Zutaten-Verzeichnis von verpackter Ware optisch hervorgehoben werden – durch die Schriftart oder durch farbliche Gestaltung. Diese Vorgabe ist für alle EU-Länder gleich. Wie die Kennzeichnung loser Ware, etwa Brötchen vom Bäcker, zu gestalten ist, ist hingegen jedem Mitgliedsstaat selbst überlassen.
Ausserdem müssen Hersteller spätestens ab 2016 Kalorien- und Nährwertangaben in einer übersichtlichen Tabelle angeben. Die Informationen müssen gut lesbar sein, die Buchstaben also nicht kleiner als 1,2 Millimeter.
Ab dem 1. April 2015 muss ausserdem bei frischem oder tief gefrorenem Fleisch von Schwein, Geflügel, Schaf und Ziege der Ort der Aufzucht und Schlachtung angegeben werden.
Auch Produkte aus sogenannten Lebensmittelimitaten, wie «Klebefleisch» oder «Analogkäse» sind neu kennzeichnungspflichtig, genauso wie Produkte, die Nanomaterialien beinhalten. Zudem müssen Energy Drinks in der EU mit einem Warnhinweis versehen werden.
Bern um eine Lösung bemüht
Besonders zu schaffen macht Schweizer Unternehmen die neue Adresspflicht für Lebensmittel: Künftig müssen abgepackte Lebensmittel mit einer Adresse des Produzenten innerhalb der EU versehen sein. Ist der Lebensmittelunternehmer nicht in der EU niedergelassen, muss der EU-Importeur angegeben werden. Vor allem im zweiten Fall dürfte auch die Frage der Haftung Probleme bereiten.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) ist um eine Lösung bemüht. Die Schweiz steht laut Seco seit Anfang November in Kontakt mit der EU-Kommission.
Allerdings stellt sich die EU auf den Standpunkt, dass die Gleichwertigkeit einer Schweizer Adresse nur im Rahmen eines umfassenden Abkommens im Lebensmittelbereich anerkannt werden kann. Eine vertragliche Lösung liegt damit in weiter Ferne, denn ein solches Abkommen ist an ein institutionelles Rahmenabkommen geknüpft.
Da jedoch die Zeit drängt, strebt die Schweiz nach einer Übergangslösung. Dies setze aber den guten Willen der EU voraus, betont das Seco.
Zwei Möglichkeiten für Schweizer Firmen
Gemäss der Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien (fial) gibt es für Schweizer Unternehmen nur zwei Möglichkeiten, um die EU-Vorgabe zu erfüllen: Sie können mit einem Dienstleister innerhalb der EU zusammenarbeiten oder eine EU-Tochtergesellschaft gründen – wie das der Schokoladenhersteller Camille Bloch bereits getan hat. Fial bezeichnet nur letztere Variante als rechtlich «wasserdicht».
Angaben über die Zahl der betroffenen Firmen machen weder das Seco noch die fial. Potentiell am stärksten tangiert sind mittelgrosse Unternehmen, die über keine Strukturen in einem EU-Land verfügen, aber mit ihren Produkten ein gewisses Exportvolumen erreichen.