Die Staats- und Regierungschefs der EU haben in zähen Verhandlungen einen Kompromiss zum Klimaschutz gefunden. Die Ziele für das Jahr 2030 wurden zwar zum Teil abgesenkt, sollen aber trotzdem international den Ton angeben.
Der EU-Gipfel hat sich auf ein umfassendes Klima- und Energiepaket mit Zielen bis 2030 geeinigt, wie EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy am Freitagmorgen nach stundenlangen Verhandlungen in Brüssel mitteilte.
Der Ausstoss des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) soll im Vergleich zu 1990 verbindlich um mindestens 40 Prozent sinken. Damit verdoppele Europa seine Anstrengungen, sagte der abtretende EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Der Anteil der erneuerbaren Energien aus Wind oder Sonne soll auf mindestens 27 Prozent steigen.
Energiesparziel weniger ambitiös
Auf Druck Grossbritanniens und Polens schwächte der Gipfel zugleich die Zielmarke für das Energiesparen ab. Jetzt werden mindestens 27 Prozent statt der bisher geplanten 30 Prozent angestrebt. Umweltschützer kritisierten diesen Schritt.
«Es war nicht einfach, überhaupt nicht – aber wir haben es geschafft, zu einer fairen Entscheidung zu kommen», sagte Van Rompuy. Klimaschutz sei ein Schlüsselthema, letztlich gehe es ums Überleben. Zugleich habe die Ukraine-Krise gezeigt, wie wichtig es sei, die Abhängigkeit Europas von Energielieferungen zu senken, sagte der Gipfelchef mit Blick auf Russland.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel betonte: «Mit dem Kompromiss wird Europa ein entscheidender Spieler.» Eine europäische Klima-Einigung galt als Voraussetzung für einen Erfolg des Weltklimagipfels Ende 2015 in Paris. «Europa geht in die internationale Führungsrolle», sagte Barroso. «Es war schwierig, jeden an Bord zu bekommen», räumte er ein.
Schweiz will sich an EU-Entwicklung orientieren
Die Einigung auf EU-Ebene ist für die Schweiz nicht ohne Bedeutung, da sich der Bundesrat nach eigenen Angaben in der Klimapolitik an den Entwicklungen in der EU und auf internationaler Ebene ausrichten will.
Derzeit ist im CO2-Gesetz ein Reduktionsziel von 20 Prozent bis 2020 festgelegt. Für die Zeit nach 2020 will sich der Bundesrat für ein rechtlich bindendes Klimaregime einsetzen. Dabei hatte die Schweiz in Aussicht gestellt, eine Erhöhung des Reduktionsziels auf 30 Prozent zu prüfen, sofern andere mitziehen.
Zugeständnisse für Polen
Beim EU-Gipfel war in den zähen Verhandlungen vor allem Polen auf die Bremse getreten. Das Land fürchtete erhebliche Mehrkosten wegen der neuen, bis 2030 laufenden Energieziele. Merkel und Frankreichs Staatspräsident François Hollande trafen zunächst in kleiner Runde mit Polens Regierungschefin Ewa Kopacz und Van Rompuy zusammen. Dabei loteten sie Kompromisslinien aus.
Beim Treffen Merkels mit Polens Regierungschefin Kopacz habe es im Klimastreit eine Annäherung beim geplanten neuen Topf zugunsten ärmerer Mitgliedstaaten gegeben, berichtete die polnische Nachrichtenagentur PAP.
Polen will Gratis-Verschmutzungsrechte
Der neue Topf soll sich nach Diplomaten-Angaben aus Einnahmen des Handels mit Verschmutzungsrechten speisen und für die Modernisierung von veralteten Energieanlagen wie beispielsweise Kraftwerken eingesetzt werden.
Warschau will über das Jahr 2020 hinaus im Rahmen des europäischen Emissionshandelssystems kostenlose Verschmutzungsrechte für Kraftwerke erhalten. Darüber sei bei dem Treffen von Merkel, Hollande und Kopacz eine Einigung erzielt worden, sagten Diplomaten.