Die EU-Kommission geht im Streit um billige chinesische Solarmodule auf Konfrontationskurs zu Peking: Sie beschloss am Dienstag Strafzölle von durchschnittlich 11,8 Prozent auf Importe solcher Module und deren Komponenten.
Sollte es in der Folge keine Verhandlungslösung geben, steige der Zoll zum 6. August auf durchschnittlich 47,8 Prozent, erklärte Handelskommissar Karel De Gucht. «Es gibt in den nächsten zwei Monaten ein Fenster der Möglichkeit, zwischen der Kommission und den chinesischen Unternehmen zu einer Einigung zu kommen.»
Der Belgier schränkte aber ein: «Ich würde nicht sagen, dass wir nahe an einer Einigung sind.» Für einen Kompromiss müssten die Hersteller konkrete Preiszugeständnisse machen.
Die Kommission wirft China vor, seine Solarindustrie mit Milliarden zu subventionieren und damit die Preise zu drücken. Nach ihren Schätzungen liegt der faire Marktpreis für die Solarmodule fast doppelt so hoch wie der derzeit verlangte. 25’000 Arbeitsplätze in der europäischen Solarbranche seien in akuter Gefahr.
Importe im Wert von 21 Milliarden Euro
Ausgelöst hatte den Streit eine Allianz europäischer Firmen unter dem Namen «EU Pro Sun». Sie hatte sich in Brüssel über die unfaire Konkurrenz aus Fernost beschwert und Schutzmassnahmen gefordert.
Die EU-Kommission spricht vom bislang umfangreichsten Anti-Dumping-Fall weltweit. Es gehe um Importe im Wert von rund 21 Mrd. Euro.
Die nun beschlossenen Schutzzölle stossen innerhalb der EU allerdings nicht nur auf Zustimmung. Mehrere Länder hatten vor einem Handelskrieg mit China gewarnt. Noch kurz vor der Entscheidung der Kommission hatte der deutsche Wirtschaftsminister Philipp Rösler die Massnahme einen «schweren Fehler» genannt.
Auch Teile der Solarbranche sind gegen Schutzzölle. Die Allianz für bezahlbare Solarenergie (AFASE) warnte, dass Zölle die Nachfrage nach Solaranlagen in der EU stark drücken und so Jobs kosten würden.
Auswirkungen auf die Schweiz gering
Diese Befürchtung teilen die Schweizer Hersteller. «Wir begrüssen den EU-Entscheid zur Einführung von Strafzöllen nicht», sagte David Stickelberger, Geschäftsleiter von Swissolar, dem schweizerischen Fachverband für Sonnenenergie, gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Mit den Strafzöllen bestehe die Gefahr, dass die Preise für Solarmodule wieder anstiegen.
Die Auswirkungen der Strafzölle der EU auf den Schweizer Markt dürften nach Einschätzung von Swissolar gering sein. Denn jene Firmen, die ausländische Module importieren, beziehen diese meist direkt aus China. «Mit dem Freihandelsabkommen könnten die Zölle sogar noch leicht sinken», sagte Stickelberger.
Schweizer Hersteller hingegen bedienten zu einem grossen Teil einheimische Kunden. Diese seien anspruchsvoll und wollten in der Regel aus optischen Gründen im Dach integrierte Photovoltaik-Systeme, auf die Schweizer Unternehmen spezialisiert seien.