Die EU-Finanzminister haben am Dienstag das Verhandlungsmandat für die EU-Kommission verabschiedet. Damit kann diese mit der Schweiz und weiteren Drittstaaten über ein verschärftes Zinsbesteuerungsabkommen sowie den automatischen Informationsaustausch verhandeln.
Der luxemburgische Finanzminister Luc Frieden sprach von einem «grossen Schritt vorwärts im globalen Kampf» gegen Steuerdelikte. Gemeinsam mit seiner österreichischen Amtskollegin Maria Fekter trat er vor die Medien.
Österreich und Luxemburg hätten dem Mandat zugestimmt, weil der Kampf im Steuerbereich nur effizient sei, wenn er global geführt werde. Deshalb habe man sich auch dafür eingesetzt, dass der automatische Informationsaustausch im Licht internationaler Entwicklungen im Mandat enthalten sei. «Wir wollen gleiche Wettbewerbsbedingungen», sagte Frieden.
Österreich will Steuerabkommen mit Schweiz weiterführen
Mit Blick auf ihren besonderen Status – die beiden Länder beteiligten sich bis anhin nicht am Datenaustausch im Rahmen der aktuellen Zinsbesteuerungsrichtlinie und erhoben dafür eine Quellensteuer wie die Schweiz – hatten sie jahrelang das Mandat sowie die Verschärfung der EU-internen Zinsbesteuerungsrichtlinie blockiert.
Mit der Erklärung Luxemburgs im April, 2015 den automatischen Informationsaustausch einzuführen, kam nun auch Österreich unter Druck. Als Gegenleistung für den automatischen Informationsaustausch stellte die Alpenrepublik aber Bedingungen.
Diese seien genügend berücksichtigt worden, so dass Österreich dem Mandat zustimmen könnte, sagte die österreichische Finanzministerin Maria Fekter.
Dazu zählen der OECD-Standard als Mindeststandard für den Informationsaustausch mit Drittstaaten, die Identifizierung der Eigentümerschaft von wirtschaftlichen Konstrukten wie etwa Trusts sowie das Weiterführen der bilateralen Steuerabkommen mit Liechtenstein und der Schweiz. «Die Kommission hat bestätigt, dass wir die Quellensteuerabkommen beibehalten können», sagte Fekter.
Österreich und Luxemburg gegen EU-interne Verschärfung
Als Basis für die Verhandlungen mit den Drittstaaten Schweiz, Liechtenstein, Andorra, San Marino und Monaco dient laut Frieden die von der EU-Kommission vorgeschlagene erweiterte EU-interne Zinsbesteuerungsrichtlinie. Diese sieht vor, die Zinsbesteuerung beispielsweise auf innovative Finanzinstrumente sowie Zahlungen via Trusts und Stiftungen auszudehnen.
Die lediglich für die EU-Staaten geltende Richtlinie und das Mandat sind nicht formal, aber inhaltlich miteinander verknüpft. Bei beiden geht es darum, bestehende Steuerschlupflöcher zu stopfen – innerhalb der EU durch eine Revision der EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie, analog dazu via Mandat in Drittstaaten.
Die EU-Zinsrichtlinie, die ebenfalls auf der Traktandenliste der EU-Finanzminister stand, wurde von Österreich und Luxemburg weiterhin abgelehnt. Man sei nicht gegen eine Ausweitung des Geltungsbereichs, sagte Frieden. Er begründete den Widerstand damit, dass zuerst entsprechende Regeln mit Drittstaaten wie der Schweiz und Liechtenstein ausgehandelt werden müssen.
Auch seien die Entwicklungen auf internationaler Ebene – etwa bei der OECD und der G20 – massgebend für eine spätere Zustimmung zur Richtlinie seitens der beiden Länder, liessen die Minister verlauten.
Ausserdem wollen sie wissen, wie das ursprünglich von den fünf grössten EU-Staaten angestrebte «europäische FATCA» ausgestaltet ist. Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Spanien und Italien hatten von sich aus angekündigt, den automatischen Informationsaustausch nicht nur auf Zinsen, sondern auf alle Kapitalerträge auszuweiten. Mehrere Länder schlossen sich der Initiative an.
EU-Steuerkommissar enttäuscht über Nein zu EU-Richtlinie
EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta nannte das erteilte Mandat einen «grossen Erfolg». Angesprochen auf die Schweiz, sprach der Steuerkommissar an der Medienkonferenz von Verhandlungen «so ambitioniert wie möglich».
Semeta verhehlte aber seine Enttäuschung über die Uneinigkeit bei der EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie nicht. Er hoffe, dass dies nächste Woche zurechtgerückt werde. Am 22. Mai findet der EU-Gipfel statt.
Auch der irische Finanzminister Michael Noonan, der den Vorsitz hatte, gab sich erfreut über das Mandat. Mit Blick auf die EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie sagte er, er erwarte am EU-Gipfel und an einer späteren EU-Finanzministersitzung, dass dies korrigiert werde.
Bundesrat wird EU-Anfrage analysieren
Die Schweiz hat die Verabschiedung des Mandats durch den Rat der EU-Finanzminister zur Kenntnis genommen. Der Bundesrat werde die Anfrage für Verhandlungen analysieren, teilte das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) mit. Die Schweiz habe bereits 2009 ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt, über eine Erweiterung des EU-Zinsbesteuerungsabkommens zu diskutieren, um Schlupflöcher zu schliessen.
Die Bankiervereinigung schrieb in ihrer Stellungnahme, dass von der Schweiz nur gleichwertige Massnahmen zu EU-internen Regelungen akzeptiert werden. Die Schweizer Banken würden sich aber auch künftig an internationale Standards halten. Aus Sicht der Banken wäre ein Dienstleistungsabkommen wünschenswert, da die Schweizer Banken mittelfristig ihren Zugang zum EU-Markt verbessern wollten.