Die EU verstärkt den Druck auf den ungarischen Ministerpräsidenten Victor Orban wegen umstrittener Verfassungsänderungen. Die Kommission prüfe, innerhalb der nächsten Wochen Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding vor dem EU-Parlament.
Sorge bereite der Kommission unter anderem der Plan des konservativen Regierungschefs Orban, eine Sonderabgabe für Geldstrafen einzurichten, die Ungarn aufgrund von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zahlen muss. Dadurch werde der ungarische Steuerzahler doppelt bestraft – durch Menschenrechtsverletzungen seines Staates, für die er dann auch noch zahlen müsse.
«Sehr besorgt» äusserte Reding sich auch über die Unabhängigkeit der Justiz und die Beschränkung von Wahlwerbung in den Medien.
«Atombombe» von Artikel sieben
Reding brachte auch die schärfste Waffe ins Spiel, die die Union gegen undemokratische Tendenzen einsetzen kann: Die «Atombombe» von Artikel sieben des EU-Vertrages, mit dem einem Staat notfalls das Stimmrecht entzogen werden kann – was einem faktischen Ausschluss gleichkäme.
Man müsse sehr sorgfältig überlegen, bevor man diesen Artikel anwende, sagte sie. Reding sprach sich für eine schnellere Reaktion auf undemokratische Entwicklungen aus. Eine Entscheidung kündigte sie für Juni an, wenn ein Bericht über Ungarn vorliegt.