Trotz solider Staatsfinanzen mahnt die EU-Kommission Deutschland zu mehreren Reformen vor allem am Arbeitsmarkt. In ihren am Mittwoch veröffentlichen Länderempfehlungen stellte die Kommission fest, dass die Sanierung der öffentlichen Haushalte auf dem richtigen Weg sei.
«Die öffentlichen Finanzen sind insgesamt gesund und die mittelfristigen Haushaltsziele wurden erreicht.» Deutschland müsse aber mehr tun, damit die Arbeitseinkommen und damit die Inlandsnachfrage steigen könnten. So müssten insbesondere die hohen Steuern und Sozialabgaben für Geringverdiener sinken.
Wie schon im Vorjahr kritisierte die Brüsseler Behörde ausserdem, dass die Liberalisierung des Dienstleistungssektors immer noch nicht weit genug vorangekommen sei. Auch reichten die bisherigen Schritte zu Steigerung der Effizienz im Gesundheitswesen nicht aus.
Zu viele Ausnahmen bei Mehrwertsteuer
Kritik übte die Kommission auch an den zahlreichen Ausnahmen vom regulären Mehrwertsteuersatz. Der Katalog der Waren und Dienstleistungen, die nur mit sieben Prozent belastet würden, müsse verringert werden.
Auch in der Sozialpolitik gebe es einiges zu tun, zum Beispiel beim Ausbau der Kinderbetreuung und von Ganztagsschulen. Zudem gebe es zu viele Beschränkungen im Handwerk durch die Pflicht zum Meisterbrief bei Unternehmen.
Im Energiesektor kritisierte die Kommission, dass die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern ausgebaut werden müsse. Ausserdem müssten die Kosten der Energiewende auf ein Minimum begrenzt werden. So gebe es zu viele Ausnahmen für Unternehmen bei der Ökosteuerumlage.
Fehlender Mindestlohn ist kein Kritikpunkt
Keine Kritik wird am Fehlen des in vielen anderen EU-Staaten vorhandenen Mindestlohns geübt. Zwar werfen Länder wie Belgien mit Mindestlohn Deutschland mittlerweile Lohndumping in Grenzgebieten vor. Aber das EU-Kollegium konnte sich nicht einigen, flächendeckende Mindestlöhne in Deutschland einzufordern.
Die Empfehlungen an Deutschland und an die anderen EU-Länder sind Bestandteil des sogenannten «Europäischen Semester». Es sieht vor, dass die Kommission allen EU-Ländern Vorschläge macht wie sie sich effizienter aufstellen können. Verbindlich sind die Empfehlungen aus Brüssel für die Regierungen aber nicht.