Millionen Dieselautos von VW pusten mehr Stickoxide in die Luft als eigentlich erlaubt. Wie konnte das passieren? Die EU-Kommission sieht die nationalen Aufsichtsbehörden in der Pflicht und leitet ein Verfahren ein.
Wegen mutmasslicher Versäumnisse im Abgas-Skandal geht die EU-Kommission gegen Deutschland Tschechien, Litauen, Griechenland, Luxemburg, Spanien und Grossbritannien vor. Die Brüsseler Behörde wirft den Regierungen unter anderem vor, Volkswagen nicht für die Manipulation von Schadstoffwerten bei Dieselautos bestraft zu haben.
Die Kommission leitete deshalb gegen die genannten Länder ein Verfahren wegen vermuteter Verletzung europäischen Rechts ein, wie sie am Donnerstag mitteilte.
Mangelnde Information
Im Fall Deutschlands und Grossbritanniens sieht die EU-Kommission noch einen weiteren Gesetzesverstoss: Beide Länder hätten der Behörde auch in ihren nationalen Untersuchungsberichten nicht sämtliche bekannten Informationen zur Verfügung gestellt. Brüssel will nachvollziehen können, ob die gewährten Ausnahmen für den Einsatz sogenannter Abschalteinrichtungen in der Abgasreinigung nötig waren.
Auslöser der inzwischen branchenweiten Affäre waren die Manipulationen von Volkswagen. Europas grösster Autohersteller hatte im September 2015 einräumen müssen, in den USA Testwerte zum Ausstoss gesundheitsschädlicher Stickoxide von Dieselwagen gefälscht zu haben.
Affäre zieht Kreise
Der VW-Konzern vertritt die Auffassung, dass der Einsatz seiner Abschaltsysteme in Europa legal war. Die Nutzung solcher Programme ist hier seit 2007 verboten. Es gibt aber Ausnahmen – etwa wenn Motorschäden oder eine Beeinträchtigung der Sicherheit drohen.
Der Skandal hatte unter anderem zum Rücktritt von VW-Konzernchef Martin Winterkorn und zu milliardenschweren Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten geführt. VW musste zudem herbe Verluste hinnehmen. Als sich bei Nachmessungen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) dann auch auffällige Abgaswerte bei Modellen anderer Hersteller zeigten, weitete sich die Abgas-Affäre aus.
Die betroffenen Regierungen haben nun zwei Monate Zeit, um auf die Vorwürfe zu antworten. Danach kann die EU-Kommission den nächsten Schritt des Verfahrens einleiten, das am Ende zu einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) führen kann.