Die EU-Kommission ist über die Ablehnung der Unternehmenssteuerreform III «enttäuscht», wie EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici am Montag vor Medien in Brüssel sagte. Die EU werde nun mit den Mitgliedstaaten über die weiteren Schritte beraten.
Das Resultat werde natürlich eine Auswirkung auf die laufende Zusammenarbeit haben, sagte Moscovici an einer via Internet live übertragenen Pressekonferenz weiter. Der französische EU-Kommissar betonte aber gleichzeitig seine Verbundenheit mit der Schweiz und hielt fest, die EU wolle den konstruktiven Austausch mit der Schweiz zur Bekämpfung von Steuerflucht fortsetzen.
Auf die geplante «Schwarze Liste» ging Moscovici trotz Nachfrage eines Schweizer Journalisten nicht näher ein. Die EU will bis Ende Jahr eine Liste mit Steueroasen erstellen. Dazu hat sie Anfang Februar einen Standardbrief an rund 90 Drittstaaten verschickt – auch an die Schweiz. Das Schreiben fordert die angeschriebenen Staaten dazu auf, mit der EU in einen Dialog zu treten.
Man würde den Gesprächspartner genau erklären, warum jemand auf die Liste komme und «welche Schritte nötig sind», um von der Liste wieder gestrichen zu werden, schrieb die EU in dem Brief, der Anfang Februar in der Schweizer EU-Botschaft in Brüssel eintraf.
Es sei aber zur Kenntnis zu nehmen, dass es aktuell keine schwarze Liste gebe. Zudem solle der Brief den Ausgang der Diskussion mit der EU in keiner Weise vorwegnehmen.
Neuauflage braucht Zeit
Die Unternehmenssteuerreform III war am Sonntag deutlich gescheitert. 59,1 Prozent der Stimmenden lehnten die Vorlage ab, mit der Steuerprivilegien für internationale Unternehmen abgeschafft werden sollten. Grund dafür waren die hohen Kosten der Begleitmassnahmen.
Damit bleibt es vorerst dabei, dass Statusgesellschaften weniger Steuern zahlen als andere Unternehmen. Diese kantonalen Steuerregimes sind international nicht mehr akzeptiert. Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die EU verlangen von der Schweiz, dass die Privilegien abgeschafft werden. Sie drohen mit Gegenmassnahmen.
In der Schweiz drängen Gegner wie Befürworter der Unternehmenssteuerreform darauf, dass rasch eine neue Vorlage erarbeitet wird. Doch so schnell, wie etwa die Linke hofft, dürfte es nicht vorwärtsgehen. Finanzminister Ueli Maurer stellt eine neue Vorlage etwa in einem Jahr in Aussicht.
Maurer erinnerte vor den Medien auch daran, dass sich die Schweiz verpflichtet habe, die schädlichen Steuerregimes bis 2019 abzuschaffen. Dieses Datum lasse sich nicht mehr einhalten.
Nach dem parlamentarischen Prozess würde die Umsetzung noch einmal zwei Jahre in Anspruch nehmen. Nach diesem Fahrplan könnte eine Neuauflage der Unternehmenssteuerreform III etwa 2021 oder 2022 in Kraft gesetzt werden.
OECD pocht auf Einhaltung der Frist
Der OECD-Steuerpolitik-Direktor Pascal Saint-Amans wies in einem Interview mit der Westschweizer Tageszeitung «Le Temps» am Montag darauf hin, dass die Schweiz mit der Unternehmenssteuerreform III weiter gegangen sei, als dies von der OECD oder der EU verlangt worden sei.
Nach der Ablehnung könne die Schweiz ein anderes Reformprojekt ausarbeiten, ihre Glaubwürdigkeit stehe aber auf dem Spiel. Sie habe sich verpflichtet, bis am 1. Januar 2019 die Steuerprivilegien abzuschaffen. Diese Verpflichtungen müsse sie erfüllen. Diese Frist werde werde nicht unbeachtet vorbeigehen.
Durch die Unternehmenssteuerreform wäre die Schweiz steuerlich sehr attraktiv geworden. Es sei interessant, dass das Volk Nein gesagt habe zu etwas, das es als exzessiv wahrgenommen habe, sagte der Direktor des Zentrums für Steuerpolitik der OECD weiter.