Luxemburg hat dem US-Internetkonzern Amazon nach Einschätzung der EU-Kommission illegale Steuervorteile eingeräumt. Bei der Praxis einer verbindlichen Steuerauskunft handle es sich um illegale «Staatshilfe».
Dies schrieb die Kommission in einem einem Brief an die luxemburgischen Behörden, der am Freitag in Brüssel veröffentlicht wurde. Die EU-Kommission hatte im Oktober eine eingehende Untersuchung der Steuernachlässe Luxemburgs für den Onlinekonzern eingeleitet und nun Details dazu veröffentlicht.
Amazon hat seinen europäischen Sitz im Grossherzogtum Luxemburg. Konkret geht es um eine sogenannte Steuervorentscheidung der Luxemburger Behörden für die Konzerntochter Amazon EU S.à.r.l. aus dem Jahr 2003, die bis heute gilt.
Die Luxemburger Steuerbehörden hätten im Jahr 2003 nur elf Arbeitstage für die Genehmigung der Steuervereinbarung benötigt, monierte die Kommission. Die Vereinbarung gelte unverändert seit 2003 und damit viel länger als Übereinkommen in anderen EU-Staaten sowie unabhängig davon, dass der Umsatz von Amazon seitdem fast um das 15-fache gestiegen sei.
Luxemburg habe dem Online-Versandhändler offenbar nicht gerechtfertigte Vorteile gewährt, hiess es in dem 23-seitigen Schreiben der EU-Kommission, das auf den 7. Oktober datiert ist und vom damaligen EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia unterzeichnet wurde.
Regierungen im Visier
Seit Anfang November ist die neue EU-Kommission unter Präsident Jean-Claude Juncker im Amt. Juncker war seit den 90er-Jahren bis 2013 Regierungschef und zugleich Finanzminister in Luxemburg. Er sah sich zuletzt wegen zahlreicher Steuervereinbarungen seines Landes mit internationalen Grosskonzernen harscher Kritik aus dem EU-Parlament ausgesetzt, in dem Anfang Februar über einen Untersuchungsausschuss zu dem Thema entschieden werden soll.
In der neuen EU-Kommission leitet Almunias Amtsnachfolgerin Margrethe Vestager die Untersuchungen zu den Steuerdeals. Die Kommission ermittelt auch zu den Steuerpraktiken von Starbucks in den Niederlanden und leitete Wettbewerbsfahren ein zur Besteuerung des US-Computerherstellers Apple in Irland sowie zur Behandlung einer Finanztochter des italienischen Autoherstellers Fiat in Luxemburg.
Das Ausnutzen günstiger Steuergesetzgebung an sich ist nicht verboten. Daher werden nicht die Firmen, sondern die Regierungen Luxemburgs, Irlands oder der Niederlande von Brüssel ins Visier genommen. Hebel ist das europäische Wettbewerbsrecht.
Dieses verbietet grundsätzlich, dass der Staat bestimmten Firmen unter die Arme greift und anderen nicht. Die Brüsseler Wettbewerbshüter müssen deshalb nachweisen, dass Firmen von den nationalen Behörden tatsächlich besser gestellt wurden als andere. Dies macht die Prüfung sehr aufwendig.