Terroristen schlagen im Herzen des Brüsseler EU-Viertels zu. Nur zwei Tage später kommen unweit des Anschlagsorts die Innenminister der EU zusammen. Sie wollen künftig ihre Sicherheitszusammenarbeit vorantreiben.
Nationale Behörden dürften ihre Informationen nicht voreinander abschotten, forderte EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos am Donnerstag nach einem Treffen der EU-Innenminister in Brüssel. «Wir müssen miteinander reden.»
Zudem wollen die Minister schon in den nächsten Wochen konkrete Fortschritte beim eigentlich bereits vereinbarten Austausch von Fluggastdaten sehen.
Die Minister riefen ebenfalls dazu auf, die Sicherheitsmassnahmen besser umzusetzen, auf man sich bereits im Grundsatz verständigt habe. Dazu gehörten effektive Grenz- und Personenkontrollen sowie der Kampf gegen gefälschte Papiere und gegen den Verkauf von Chemikalien, die zum Bombenbau geeignet sind.
«Der Terrorismus ist schnell, aber Europa ist oft langsam», sagte Italiens Innenminister Angelino Alfano.
Keine neuen Ideen
Neue Ideen wollen die Staaten hingegen vorerst nicht umsetzen. «Wir brauchen keine neuen Pläne», sagte der niederländische Innenminister Ronald Plasterk, dessen Land derzeit den Vorsitz bei Ministertreffen der EU-Staaten hat. «Wir müssen die Massnahmen, die schon zuvor ergriffen und beschlossen worden sind, voll umsetzen.»
In einer gemeinsamen Erklärung bekräftigten die Minister ihre Entschlossenheit, «die an den Anschlägen in Paris und Brüssel beteiligten Netze und andere vergleichbare Netze zu ermitteln».
Bis Juni soll sich ausserdem die EU-Kommission gemeinsam mit Experten überlegen, wie Informationen über Terroristen besser erhoben, überprüft und verknüpft werden können.
Als nützlich erwiesen sich aus Sicht der Minister insbesondere grenzüberschreitende Ermittlungsgruppen, die nach den Terroranschlägen im November in Paris gebildet wurden. Belgiens Justizminister Koen Geens lobte den Beitrag dieser Teams zur Strafverfolgung als wertvoll.
Druck auf EU-Parlament
Die Staaten machten auch Druck im Zwist mit dem EU-Parlament um den Austausch von Fluggastdaten. Die entsprechende EU-Richtlinie müsse noch im April angenommen und «dringend umgesetzt werden», drängten die Minister.
Unterhändler von EU-Staaten und EU-Parlament hatten sich bereits im vergangenen Jahr darauf verständigt, dass persönliche Daten von Fluggästen wie Name, Kreditkartennummer und Essenswünsche künftig auf Vorrat gespeichert werden. Das Parlament hingegen verlangt zunächst die formelle Annahme der ebenfalls schon dem Prinzip nach vereinbarten EU-Datenschutzreform durch die EU-Staaten.
Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve, der bei dem Thema rasche Fortschritte sehen will, hielt dagegen: Dem Parlament seien «alle Datenschutz-Garantien» zugesichert worden. Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière stufte die Bedenken «angesichts der Dramatik der Situation» als nicht gerechtfertigt ein.
Mangelndes Vertrauren
Einen Mangel an Vertrauen gibt es aber auch unter den EU-Staaten, wenn es an den Austausch von Informationen geht. «Viele nationale Behörden wollen nicht mit allen anderen ihre Informationen teilen», beklagte de Maizière. «Diese Mentalität muss man ändern.» Allerdings habe sich die Lage zuletzt schon verbessert.
Auch der Anti-Terror-Koordinator der EU, Gilles de Kerchove, hatte den mangelnden Austausch jüngst in einem Bericht bemängelt. Wenn es um ausländische Kämpfer gehe, seien mehr als 90 Prozent der Daten im vergangenen Jahr von gerade einmal fünf EU-Staaten geliefert worden.
Er bezog sich dabei auf eine Datenbank der europäischen Polizeibehörde Europol. Die Länder nannte er nicht beim Namen.
Bei den Anschlägen am Brüsseler Flughafen und in einer Metro-Station der belgischen Hauptstadt waren am Dienstag mindestens 31 Menschen getötet worden und rund 300 verletzt.