Bei einem Sondergipfel haben zehn EU-Länder und drei weitere Staaten am Sonntag Lösungen für die chaotische Lage entlang der Balkanroute gesucht. Die EU-Kommission wollte den nationalen Alleingängen ein Ende bereiten, womit aber nicht alle einverstanden waren.
Serbiens Regierungschef Aleksander Vucic zeigte sich am Sonntagabend in Brüssel Serbien verhalten optimistisch. Er sehe «einen kleinen Schritt vorwärts» bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise, sagte Vucic.
«Wir hatten zumindest die Möglichkeit, miteinander zu sprechen, uns anzuhören und etwas über die Probleme des anderen zu lernen.» Er sei aber «nicht sicher, ob wir etwas verabschieden, das sofort sehr hilfreich sein wird».
Vucic betonte, sein Land gebe sein Bestes, um «ein menschliches Gesicht» gegenüber den Flüchtlingen zu zeigen. So habe die serbische Polizei etwa kein Tränengas gegen Flüchtlinge eingesetzt. Serbien sei aber «ein Transitland», sagte er. «Wir können uns nicht für immer um diese Leute kümmern.» Serbien gehörte bei dem Krisentreffen zur Lage auf der Balkanroute mit Mazedonien und Albanien zu den drei Ländern, die nicht der EU angehören.
Serbien hatte zusammen mit Bulgarien und Rumänien vor dem Treffen gewarnt, sie würden ihre Grenzen für Flüchtlinge schliessen, sollten Deutschland, Österreich und andere EU-Staaten keine Menschen mehr aufnehmen.
Bruch und Zerfall
Die EU-Kommission wollte bei dem von ihr einberufenen Krisentreffen die «Politik des Durchleitens» der Flüchtlinge und nationale Alleingänge beenden. Teilnehmer berichteten von kontroversen Debatten bei dem Treffen. Kroatien und andere Länder wehrten sich etwa gegen die Einrichtung von Registrierungszentren, weil dies eine längerfristige Aufnahme der Flüchtlinge bedeuten könnte.
Wenn es nicht schnelle und konkrete Lösungen vor Ort gebe, werde «die EU und Europa als Ganzes beginnen auseinanderzubrechen», warnte der slowenische Regierungschef Miro Cerar vor Konferenzbeginn. Auch Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann hielt vor dem Treffen einen «leisen Zerfall der EU» für möglich, wenn diese nicht gemeinsam vorgehe, wie er der «Kronen Zeitung» sagte.
Orban als Beobachter
Ungarns rechtskonservativer Regierungschef Viktor Orban sagte, sein Land befinde sich nun «nicht mehr auf der Route» der Flüchtlinge. Er sei deshalb «nur Beobachter hier», sagte Orban, der die Grenzen seines Landes mit Stacheldraht schliessen und von der Armee bewachen liess.
Orban forderte ein Ende «der Einladungspolitik», die Flüchtlinge nach Europa locke. Er bekräftigte seine Forderung, Griechenland als Hauptankunftsland in der EU bei der Grenzsicherung zu unterstützen.
Griechenland ist in der EU Ausgangspunkt der Balkanroute. Bis Freitag kam dort laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) binnen fünf Tagen die Rekordzahl von mehr als 48’000 Flüchtlinge aus der Türkei an. Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras forderte «eine europäische Lösung».
Bei dem Sondertreffen wuchs der Druck auf Griechenland. Mehrere EU-Regierungen forderten von der griechischen Regierung, dass die zugesagten Hotspots zur Registrierung von Flüchtlingen gebaut werden. Im Entwurf der Abschlusserklärung war davon die Rede, dass an 50’000 Plätze gedacht war.
In Brüssel hiess es, dass Griechenland bisher 30’000 Plätze angegeben hat. Die erste Einrichtung auf der griechischen Ägäis-Insel Lesbos hat nur eine Kapazität von etwas mehr als 2000 Plätzen.
Für die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel war vorrangiges Ziel des Krisentreffens, «dass man den umherirrenden Menschen, die zum Teil unter unerträglichen Bedingungen leben, Hilfe angedeihen lässt». Das Flüchtlingsproblem insgesamt könne am Sonntag nicht gelöst werden.