Die EU ringt um eine gemeinsame Linie im Umgang mit der Türkei. Bei einem Treffen in Bratislava mahnten am Freitag etliche Aussenminister, die Beziehungen zu der Regierung in Ankara nach dem Putschversuch nicht unnötig zu belasten.
Österreichs Aussenminister Sebastian Kurz sprach sich hingegen dafür aus, Missstände deutlich anzuprangern. «Ich bin der Meinung, dass die Entwicklungen, die in der Türkei in den letzten Wochen und Monaten nach dem Putsch stattgefunden haben, sehr negative sind», sagte er.
«Säuberungswellen und der Versuch, Andersdenkende mundtot zu machen, das halten wir für den falschen Weg.» Die Europäische Union müsse mit Blick darauf «klar Haltung zeigen».
Andere Minister verwiesen hingegen auf die Bedeutung des NATO-Mitglieds Türkei für die europäische Sicherheits- und Flüchtlingspolitik.
«Wichtiger Partner»
«Die Türkei ist ein wichtiger Partner», sagte der slowakische Aussenminister Miroslav Lajcak und äusserte die Hoffnung, dass für diesen Samstag geplante Gespräche mit dem türkischen Europaminister Omer Celik die Atmosphäre entspannen können.
Der italienische Aussenminister Paolo Gentiloni forderte ein Gleichgewicht zwischen der Unterstützung der türkischen Behörden und dem Einsatz für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in dem Land.
«Sicherlich werden wir anmahnen, dass bei der Aufarbeitung rechtsstaatliche Grundsätze zu beachten sind», sagte der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Türkei auch zur Lösung des Syrien-Konflikts gebraucht werde.
Offene Unterstützung für den von Österreich geforderten Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei gab es nicht. «Ich respektiere die Meinung der Österreicher in dieser Frage», kommentierte der luxemburgische Aussenminister Jean Asselborn.
Seiner Meinung nach könne die EU aber kein Interesse an einem solchen Schritt haben. Als Begründung nannte er den Einfluss, den die EU in den Beitrittsverhandlungen auf die Türkei ausüben könnte.
Optimismus im Visa-Streit
Im Streit um die Visumfreiheit für türkische Staatsbürger zeigte sich der CDU-Europapolitiker Elmar Brok optimistisch, dass eine einvernehmliche Lösung möglich sei.
«Die Türken sind sich völlig bewusst, dass sie bei der Visaliberalisierung alle 72 Bedingungen erfüllen müssen», sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament der Nachrichtenagentur dpa. Frage sei letztlich nur, zu welchem Zeitpunkt die Regierung in Ankara bereit sein werde, die Anti-Terror-Gesetze des Landes zu reformieren.
Derzeit verweise sie darauf, dass die von der EU geforderten Änderungen aus innenpolitischen Gründen nicht sofort umgesetzt werden könnten. Grund seien der Putschversuch am 15. Juli und die jüngsten Terroranschläge. Die vier anderen noch ausstehenden Bedingungen sollten in absehbarer Zeit erfüllt sein, sagte Brok.
Ob die EU eine Abmachung akzeptieren könnte, die der Türkei für die Reform der Terrorgesetze mehr Zeit zugesteht, liess Brok offen. «So etwas müsste man sich ansehen», sagte er. Das Parlament erwarte, dass die EU-Kommission in den nächsten Wochen einen Vorschlag vorlegen wolle, über den die Abgeordneten dann entscheiden könnten.