Deutschland und die EU entsenden kommende Woche Delegationen nach Washington zur Aufklärung der mutmasslichen US-Lauschangriffe auf EU-Bürger und Regierungsmitglieder. Geplant seien Gespräche im Präsidialamt und mit Vertretern des amerikanischen Geheimdienstes NSA.
Dies sagte ein Sprecher der deutschen Regierung am Freitag. Der deutschen Abordnung sollen hochrangige Mitglieder der Sicherheitsdienste und des Bundeskanzleramts angehören.
Neun Abgeordnete aus dem EU-Parlamentsasschuss für bürgerliche Freiheiten soll zudem nach Angaben eines britischen EU-Parlamentariers «mögliche Rechtsmittel für EU-Bürger» infolge der angeblichen Überwachung ausloten.
Die Spähaffäre ist nach Berichten über die breitangelegte Überwachung von französischen Telefondaten und des Handys der deutschen Regierungschefin Angela Merkel wieder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt.
Gemeinsame Grundlage
Gestern hatten sich Deutschland und Frankreich darauf geeinigt, die Arbeit der Geheimdienste gemeinsam mit den USA auf eine neue Grundlage stellen. Bis zum Jahresende solle dafür ein Rahmenwerk verhandelt werden.
«Was heute zählt, ist die Gewissheit, dass sich so etwas nicht wiederholt», sagte der französische Präsident François Hollande nach den Gesprächen am EU-Gipfel in Brüssel. Dies sei das Ziel der Initiative: «Deutschland und Frankreich sind sich einig in ihrem Vorgehen», sagte Hollande.
Von schärferen Reaktionen sahen die EU-Staaten jedoch ab. Eine Unterbrechung der Gespräche über ein Freihandelsabkommen mit den USA zum Beispiel sei bei den Gipfel-Beratungen nicht gefordert worden, erklärte Merkel. Das hatte der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, vor dem Treffen ins Gespräch gebracht.
Die EU verhandelt mit Washington seit Sommer über die Schaffung der weltgrössten Freihandelszone mit gut 800 Millionen Einwohnern. Experten hoffen auf bis zu zwei Millionen neue Arbeitsplätze.