Im Schuldenstreit zwischen Griechenland und den Euro-Partnern zeichnet sich kein rascher Kompromiss ab. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble äusserte sich vor dem Treffen der Euro-Gruppe zurückhaltend zu einer möglichen Annäherung mit der griechischen Regierung.
«Ich erwarte nicht, dass wir heute irgendwelche Ergebnisse haben, aber vielleicht setzen wir ein Verfahren auf», sagte Schäuble am Mittwoch vor den Beratungen mit seinen Kollegen aus der Euro-Zone und dem griechischen Ressortchef Yanis Varoufakis.
IWF-Chefin Christine Lagarde ging ebenfalls davon aus, dass eine Vereinbarung mit Athen Zeit benötigen werde. Auch Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem rechnete nicht mit einer schnellen Einigung. Die Hoffnungen ruhen nun auf einer Annäherung bis Montag. Dann ist ein weiteres Treffen der Euro-Gruppe in Brüssel angesetzt.
Die Fronten sind verhärtet, weil Deutschland und andere Länder der Euro-Zone auf der Umsetzung der vereinbarten Reformen pochen, die von der neuen linksgerichteten Regierung in Athen aber ebenso abgelehnt wurden wie eine Aufsicht durch die sogenannte Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF).
Griechenland will Euro beibehalten
Varoufakis antwortete bei seiner Ankunft in Brüssel auf die Frage, ob Griechenland eventuell die Euro-Zone verlassen würde: «Absolut nicht.» Er sei zuversichtlich, dass es beim Treffen der Euro-Finanzminister konstruktive Gespräche gebe.
Dijsselbloem sagte, zunächst gehe es bei dem Krisengipfel darum, die Vorschläge der griechischen Seite anzuhören. EU-Währungskommissar Pierre Moscovici erklärte, Ziel der Gespräche sei eine Einigung bis Montag.
Wenige Stunden vor dem Treffen suchte Griechenland auch neue Wege zur Lösung des Schuldenstreits mit den internationalen Geldgebern. Ministerpräsident Alexis Tsipras kündigte in London an, mit der OECD eine Vereinbarung über die Umsetzung von Reformen abzuschliessen.
Der Generalsekretär der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Angel Gurria, sagte, die Krise in Griechenland habe niedriges Wachstum, hohe Arbeitslosigkeit und wachsendes soziales Ungleichgewicht hervorgebracht. Seine Organisation wolle Griechenland helfen, diese Probleme anzugehen.
Bevölkerung steht hinter neuem Regierungschef
Tsipras hatte in der Nacht zum Mittwoch eine Vertrauensabstimmung im griechischen Parlament gewonnen. Ungeachtet der Forderungen seines Vorgängers Antonis Samaras oder Schäubles werde die Regierung keine Verlängerung des Hilfsprogramms beantragen, sagte Tsipras.
Er sei zuversichtlich, dass sich Griechenland mit den Euro-Partnern einigen werde. Eine Vereinbarung dürfe aber keine neuen Darlehen und keine Sparauflagen beinhalten.
Für seinen Kurs hat der Chef der linksgerichteten Syriza-Partei auch die Bevölkerung hinter sich. Einer Umfrage zufolge unterstützen 75 Prozent seine Verhandlungsposition. Viele Griechen lehnen die Spar- und Reformpolitik ab, auf die sich das Land als Gegenleistung für Milliardenkredite der Euro-Staaten und des IWF verpflichtet hatte.
Faktisch hat Tsipras das Hilfsprogramm schon aufgekündigt, weil er die Gläubiger-Troika aus EU, EZB und IWF ablehnt. Wird nicht schnell eine Vereinbarung erzielt, droht erneut eine Staatspleite.
Die Wahrscheinlichkeit für einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone liegt einer Reuters-Umfrage zufolge bei 25 Prozent. Dies ist der höchste Wert, der in einer Erhebung der Nachrichtenagentur Reuters zu diesem Thema bislang ermittelt wurde.