Die Europäische Union hat nach langem Streit ihr Riesenvorhaben der Bankenunion abgeschlossen. Damit werden künftig Sparer besser geschützt und Steuerzahler bei Bankenpleiten geschont.
Die Finanzminister der 28 EU-Staaten einigten sich am späten Mittwochabend nach gut zwölfstündigen Verhandlungen auf ein Regelwerk zur Schliessung von Pleitebanken, berichteten Diplomaten in Brüssel. Das Europaparlament muss dem Kompromiss im nächsten Jahr noch zustimmen.
Banken zahlen in Pleitetopf
Kernstück der neuen Bankenabwicklung ist ein gemeinsamer Topf, der über zehn Jahre hinweg mit Bankengeldern aufgebaut wird. Ob und wie eine Bank abgewickelt wird, entscheidet ein neues Gremium, dem Vertreter der Mitgliedsstaaten angehören. Die EU-Kommission hat ein Veto-Recht. Besonders umstritten waren unter den Ministern zusätzliche öffentliche Hilfen in der Aufbauphase des gemeinsamen Topfs.
Die Staats- und Regierungschefs hatten zu ihrem Gipfeltreffen am Donnerstag einen Kompromiss der Finanzminister erwartet. Der französische Finanzminister Pierre Moscovici sagte, das System zur Bankenabwicklung sei eine «unerlässliche Ergänzung der Währungsunion».
Er fügte hinzu: «Das ist gut für die Sicherheit des Bankensystems.» Unterhändler der EU-Institutionen einigten sich in der Nacht zum Mittwoch in separaten Verhandlungen auf einen besseren Sparerschutz in Europa.
Die Bankenunion ist zur Zeit das Vorzeigevorhaben der Union. Nach der Krise wollen die Europäer für mehr Vertrauen in die europäische Finanzindustrie sorgen. Bei Bankenschieflagen werden verstärkt Aktionäre und Gläubiger in die Pflicht genommen. In der Finanzkrise hatten die EU-Länder insgesamt rund 1,6 Billionen Euro in marode Geldhäuser gepumpt.
Kleinsparer geschützt
Die Verhandlungen mit dem EU-Parlament ergaben, dass bei Bankenkrisen Guthaben von kleinen Sparern in einer Höhe von bis zu 100’000 Euro komplett geschützt sind. Auf ihr Geld sollen Bankkunden künftig bereits nach sieben statt bisher zwanzig Werktagen zugreifen können.
Mit den Auflagen will die EU auch verhindern, dass es zu «Banken-Runs» kommt, bei denen Kunden angeschlagener Institute panisch ihr Geld abheben – und die Institute damit erst recht in Bedrängnis bringen.
55 Mrd. im Bankentopf
Der neue Banken-Abwicklungsfonds soll am Ende bis zu 55 Mrd. Euro umfassen. Der Fonds könne in der Aufbauphase auch Kredite aufnehmen, sagten Teilnehmer. Das gepumpte Geld müsse aber letztlich von den Banken nachbezahlt werden.
Für den Abwicklungsfonds sehen die Finanzminister einen neuen internationalen Vertrag vor; er soll bis Ende Februar kommenden Jahres ausgearbeitet werden. Dem Vernehmen nach hatte vor allem Deutschland auf diese rechtliche Lösung gedrungen. Berlin befürchte Klagen beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, hiess es.
Das neue System zur Bankenabwicklung wird von 2016 an kommen. Es ergänzt die bereits fest vereinbarte europäische Bankenaufsicht, die im November 2014 als erster Pfeiler der Bankenunion starten wird.