Für einmal Lob statt Prügel aus Europa: Nach Ansicht des europäischen Sachverständigenrats EEAG könnte die Schweiz für die Europäische Union (EU) in Bezug auf die institutionellen Regeln in mancherlei Hinsicht ein Vorbild sein.
Unter dem Titel «Schweiz: Relikt der Vergangenheit, Modell für die Zukunft?» untersucht die European Economic Advisory Group in ihrem Jahresbericht 2014, was Europa aus der Geschichte der Schweiz und ihrem heutigen Umgang mit Fragen wie Steuerwettbewerb, Finanz- und Währungspolitik sowie Arbeitsmobilität lernen könnte.
So wie die Schweiz heute in gewissen Punkten europäischer geworden sei, so könnte es für Europa in anderen Bereichen nützlich sein, schweizerischer zu werden, finden die Experten, die die regelmässig Berichte zum Zustand der europäischen Konjunktur veröffentlichen.
Pionierrolle bei Schuldenbremse
Namentlich sollte die EU nach Ansicht der Autoren nicht versuchen, die nationalen Kulturen ihrer Mitgliedsländer über einen Leisten zu schlagen, sondern vielmehr dem Beispiel der Schweiz folgen. Dort sei man sich der internen kulturellen Unterschiede sehr bewusst und gleichzeitig «sehr stolz auf das Land».
Die Schweizer hätten eine institutionelle Struktur entwickelt, die jener ähnle, um die die EU gegenwärtig kämpfe, finden die Experten. Sie raten darum der Union, von der Abfolge der Schritte zu lernen, die die Schweiz bei der Schaffung dieser Strukturen unternommen habe.
Besonders angetan zeigen sich die Wirtschaftsweisen der EEAG von der Schuldenbremse, bei der die Schweiz eine Pionierrolle gespielt habe. Auch aus der Tatsache, dass der Steuerföderalismus eine Vergemeinschaftung von Schulden nicht zulasse, könnte die EU ihrer Ansicht nach Lehren ziehen.
Der Sachverständigenrat wurde 2001 vom Münchner Ifo-Institut ins Leben gerufen und besteht aus sechs namhaften Volkswirten aus fünf Ländern. Dazu gehört auch der Direktor der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF), Jan-Egbert Sturm.