Die Europaminister der EU haben am Dienstag die harte Haltung gegenüber der Schweiz bestätigt, indem sie einen entsprechenden Bericht ohne Diskussion gutgeheissen haben. Dabei verknüpfen sie die Personenfreizügigkeit mit anderen Dossiers.
Laut einem EU-Beamten sieht die EU etwa einen juristischen Link mit dem Dublin-Abkommen. Die Freizügigkeit gehöre zu den «grossen Errungenschaften der EU», sagte der luxemburgische Aussen- und Europaminister Jean Asselborn zu Beginn des Ministertreffens. Man könne nicht erwarten, dass «in dieser kapitalen Frage, die Europa auszeichnet», wegen der Schweiz Änderungen vorgenommen würden.
Asselborn gibt sich jedoch aufgrund des Resultats bei der Ecopop-Initiative davon überzeugt, «dass die Schweizer das auch verstanden haben». Wolle die Schweiz ihre Beziehungen mit der EU weiter vertiefen, dann müsse sie anerkennen, «welch grosse Errungenschaft wir durch die Freizügigkeit erreicht haben». Man dürfe sich keine Illusionen machen, «es wird nicht anders funktionieren».
Ins gleiche Horn stiess der italienische Staatssekretär für europäische Angelegenheiten, Sandro Gozi, der die EU-Präsidentschaft vertritt. «Für uns ist die Freizügigkeit ein fundamentales Element», sagte er und bezeichnete diese zudem als «Kernstück der EU». Es sei die Entscheidung der Schweiz, welche Haltung sie dazu einnehme.
Diese strikte Haltung spiegelt sich auch in den von den Ministern verabschiedeten Schlussfolgerungen zum Bericht wider. Darin heisst es, dass die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative, «das Kernstück der Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz, die so genannten ‚Bilateralen I‘ zu unterminieren» drohe.
Dies wiederum würde Zweifel an der Assoziierung der Schweiz an Schengen und Dublin sowie an gewissen EU-Programmen nach sich ziehen.
Schengen laut EU politisch verknüpft
Aus EU-Kreisen hiess es, man habe die Verknüpfung zwischen der Personenfreizügigkeit und Schengen/Dublin unter die Lupe genommen. «Wir stellen einen juristischen Link zwischen der Freizügigkeit und Dublin fest», sagte ein EU-Beamter. Bei Schengen bestünde zwar kein juristischer, aber ein politischer Zusammenhang.
Seit der Annahme der SVP-Initiative im Februar ist das Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU angespannt. Im Juli hatte die Schweiz darum gebeten, die Freizügigkeit neu zu verhandeln, erhielt aber eine Absage. Seither herrscht in diesem Dossier Funkstille.
Erneut spielt der EU-Beamte denn auch den Ball der Schweiz zu. Man warte auf einen Vorschlag. Dabei liess der EU-Beamte erneut durchblicken, dass die EU nicht bereit ist, über Quoten und Inländervorrang zu diskutieren.
Den Einwand, die Schweiz sei aber nicht voll in den EU-Binnenmarkt integriert, liess der EU-Beamte nicht gelten: «Die Schweiz nimmt voll an einer der vier Grundfreiheiten der EU teil», sagte er in Bezug auf die Personenfreizügigkeit. Und dort wo sie sektoriell teilnehme, sei sie ebenfalls voll integriert.
Für Burkhalter Bericht «nicht entscheidend»
Der scheidende Bundespräsident Didier Burkhalter, der in Bern vor Journalisten Bilanz über sein Präsidialjahr zog, äusserte sich auch zur Beziehung der Schweiz zur EU: «Der Bericht wird nicht entscheidend sein.» Dieser sei nicht der Ort, in dem sich die entscheidenden Fortschritte manifestierten. Er enthalte die übliche Doktrin. «Auch wir können einen Bericht machen.»
Aus EU-Kreisen hiess es dazu, die EU respektiere die Meinung des Schweizer Bundespräsidenten. Aber hierbei handle es sich um die Meinung der EU-Mitgliedstaaten und nicht um «gepredigte Orthodoxie». Man erwarte, dass die Schweiz dies ebenfalls akzeptiere.
In diesem alle zwei Jahre publizierten Bericht analysiert die EU ihre Beziehungen zu den westlichen Nicht-EU-Staaten. Dazu gehören die Mikro-Staaten Andorra, San Marino und Monaco, wie auch die EFTA-Staaten Norwegen, Island, Schweiz und Liechtenstein.
In diesem Zusammenhang gaben die EU-Minister am Dienstag auch grünes Licht für Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen mit den drei Mikrostaaten.