Europarat erhebt schwere Foltervorwürfe gegen die Ukraine

Elektroschocks, Erstickungsversuche und Todesdrohungen: Das Antifolterkomitee des Europarates erhebt schwere Foltervorwürfe gegen Polizisten in der Ukraine. Man habe „eine Flut von Klagen Festgenommener erhalten“, heisst in dem Bericht des Komitees, der am Mittwoch veröffentlicht wurde.

Stehen in Reih und Glied: Ukrainische Polizisten in Kiew (Archiv) (Bild: sda)

Elektroschocks, Erstickungsversuche und Todesdrohungen: Das Antifolterkomitee des Europarates erhebt schwere Foltervorwürfe gegen Polizisten in der Ukraine. Man habe „eine Flut von Klagen Festgenommener erhalten“, heisst in dem Bericht des Komitees, der am Mittwoch veröffentlicht wurde.

Nach den bei einem Besuch im November und im Dezember 2011 gesammelten Informationen „besteht kaum Zweifel daran, dass Misshandlungen durch die Polizei an der Tagesordnung sind“, heisst es in dem Bericht. „Dies gilt besonders für Personen, die nicht schnell genug die kriminellen Taten gestehen, derer man sie verdächtigt.“

Präsident Viktor Janukowitsch wurde in dem Bericht aufgefordert, „eine Politik der Null Toleranz gegen Misshandlungen“ zu verkünden.

In den Gefängnissen von Kiew und Charkow fanden die Experten katastrophale Haftbedingungen vor. Es gab hoffnungslos überfüllte Zellen und verheerende hygienischen Zustände. So waren in einer 45 Quadratmeter grossen Zelle in Charkow 44 Häftlinge eingepfercht, die sich 28 Matratzen teilen mussten.

Die ukrainische Regierung hat in ihrer Erwiderung dem Europarat zugesichert, die Haftanstalten in Kiew und Charkow zu erneuern. Sie sei ausserdem bemüht, die Empfehlungen des Komitees umzusetzen.

Es ist der achte Besuch in Polizeidienststellen und Haftanstalten der Ukraine seit 1998, drei Jahre nach Aufnahme des Landes in den Europarat. Der Bericht ist wie bei allen Visiten in den 47 Europaratsländern vertraulich und wurde mit Einverständnis der Regierung in Kiew veröffentlicht.

Kritik an medizinischer Versorgung Timoschenkos

Die Experten äusserten sich in dem Bericht auch besorgt über die Qualität der medizinischen Versorgung der inhaftierten ukrainischen Oppositionsführerin Julia Timoschenko. Die Behörden müssten nötige Spezialbehandlungen so schnell wie möglich zulassen, hiess es.

Timoschenko wurde wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt. Sie wird unter anderem wegen eines Bandscheibenleidens in einer Charkower Klinik behandelt. Ihr Prozess wegen Veruntreuung und Steuerhinterziehung ist zum siebten Mal verschoben worden, diesmal auf den 23. November.

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