In Syrien haben am Montag Hunderte Rebellen ein von Regierungstruppen belagertes Viertel der Hauptstadt Damaskus verlassen. Die Aufständischen und ihre Angehörigen bestiegen in dem Stadtteil Barseh mehrere Busse.
Das berichteten staatliche Medien und die oppositionsnahe Beobachtungsstelle für Menschenrechte übereinstimmend. Die ersten Kämpfer hätten mit ihren Angehörigen in 40 Bussen den nordöstlichen Stadtteil Barseh verlassen, meldete das Staatsfernsehen am Montag.
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sollten zunächst 1400 bis 1500 Rebellenkämpfer und ihre Familien aus Barseh in die von Rebellen kontrollierte nordwestliche Provinz Idlib gebracht werden.
Ein Fotograf in Barseh berichtete, dass sich bereits im Morgengrauen dutzende Menschen für die Evakuierungsaktion versammelt hätten. Darunter waren Rebellen mit leichten Waffen sowie Frauen und Kinder mit Taschen und Koffern. Ein Mitglied einer regierungstreuen Miliz sagte, die Rebellen dürften ihre «persönlichen Waffen» nach Idlib mitnehmen.
Erstmals Viertel von Damaskus evakuiert
Die Vereinbarung zur Evakuierung von Barseh war am Sonntagabend geschlossen worden. Es ist das erste Mal, dass ein Viertel der Hauptstadt Damaskus evakuiert wird. Der Grossteil der Hauptstadt steht unter Kontrolle der Regierungstruppen, lediglich sechs Viertel am Stadtrand sind noch in Rebellenhand: Barseh, Kabun, Dschobar, Tadamun, Teschrin und Jarmuk.
Der militärische Sprecher einer Gruppe Aufständischer bestätigte den Beginn der Evakuierung. Er betonte, dass die Regierung in Damaskus die Aktion mit einem Komitee von Zivilisten in Barseh und nicht mit seiner Gruppe ausgehandelt habe.
UNO kritisiert Vertreibung
Die UNO kritisiert nicht nur die Belagerungen von Rebellengebieten im Vorfeld, sondern auch die Evakuierungen selbst als Vertreibung. Der nun geräumte Bezirk Barseh im Nordwesten von Damaskus war in den vergangenen Monaten Schauplatz heftiger Kämpfe.
Präsident Baschar al-Assad hat die Evakuierungen als Mittel gepriesen, um die Kämpfe in dem jahrelangen Bürgerkrieg einzudämmen.
Die Provinz Idlib gehört zu den vergangene Woche unter Vermittlung Russlands eingerichteten Schutzzonen. Die syrische Regierung sicherte am Montag zu, die Übereinkunft zu respektieren, wenn sich auch die Rebellen daran gebunden fühlten.
Die syrische Opposition lehnte den Plan der Deeskalationszonen dagegen mit der Begründung ab, Russland habe bisher nicht dazu beigetragen, vereinbarte Waffenruhen auch umzusetzen.
Der Iran und die Türkei hatten vergangene Woche bei Syrien-Gesprächen in der kasachischen Hauptstadt Astana einem Vorschlag Russlands zur Errichtung der Schutzzonen zugestimmt. Die Zonen gelten seit Samstag. Die Kämpfe flauten seitdem ab, hörten aber nicht ganz auf.
USA abwartend
Russland steht in dem Bürgerkrieg wie auch der Iran hinter Präsident Baschar al-Assad, während die Türkei und die USA bestimmte Rebellengruppen unterstützen.
Für die bislang zurückhaltenden USA erklärte Verteidigungsminister Jim Mattis, sein Land werde sich anschauen, ob das Konzept funktioniere und dazu beitragen könne, den Konflikt zu beenden. Der Teufel stecke bekanntlich im Detail, sagte er in Kopenhagen.
In den vergangenen Jahren waren die Rebellen gezwungen, immer mehr Städte zu räumen. So wurde im Mai 2014 nach jahrelanger Belagerung die Altstadt der einstigen Rebellenhochburg Homs evakuiert. Ende Dezember 2016 waren die Rebellen gezwungen, auch die letzten Viertel im Ostteil der Wirtschaftsmetropole Aleppo aufzugeben.
Mehr als 320’000 Menschen wurden in dem Bürgerkrieg bisher getötet, über die Hälfte der Bevölkerung wurde in die Flucht getrieben. Seit der militärischen Intervention Russlands auf Seiten von Machthaber Baschar al-Assad im September 2015 haben dessen Truppen grosse Gebiete von den Aufständischen zurückerobert.