Ex-Bundeskanzlerin regt Initiativverbot für grosse Parteien an

Die ehemalige Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz regt ein Initiativverbot für Parteien mit eigener Fraktion im Parlament an. Für diese seien Volksinitiativen nicht geschaffen worden, sondern für Minderheiten, die in Parlament und Regierung nicht vertreten seien.

Die ehemalige Bundeskanzlerin Huber-Hotz in einer Aufnahme von 2008 (Bild: sda)

Die ehemalige Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz regt ein Initiativverbot für Parteien mit eigener Fraktion im Parlament an. Für diese seien Volksinitiativen nicht geschaffen worden, sondern für Minderheiten, die in Parlament und Regierung nicht vertreten seien.

«Was jetzt passiert, entspricht dem ursprünglichen Sinn der Volksinitiative nicht», sagte Huber-Hotz in einem Interview mit der Zeitung «Zentralschweiz am Sonntag». Die «Übernutzung der Volksrechte» gebe ihr zu denken. «Die Volksinitiative wurde nicht für Wahlkämpfe und die Profilierung der Parteien eingeführt, die in den Regierungen und Parlamenten mit Fraktionsstärke vertreten sind.»

Eine Erhöhung der benötigten Unterschriftenzahl für Initiativen halte sie nicht für das richtige Vorgehen. «Man sollte eher dafür sorgen, dass das Mittel der Volksinitiative wieder jenen vorbehalten bleibt, für die es ursprünglich gedacht war, und dessen Gebrauch den im Parlament in Fraktionsstärke vertretenen Parteien untersagen», sagte die ehemalige Bundeskanzlerin (FDP) und jetzige Präsidenten des Schweizerischen Roten Kreuzes.

Volksinitiativen seien für Minderheiten gedacht, die in Parlament und Regierung über keine Stimmen verfügten. Die grossen Parteien hätten andere Mittel, um ihre Anliegen einzubringen.

Eine Frage der politischen Kultur

In einem Interview mit der «Schweiz am Sonntag», warnt der Direktor des Bundesamtes für Justiz (BJ), Martin Dumermuth, vor Korrekturen. Er sei diesbezüglich relativ zurückhaltend. «Jede Einschränkung kann politisch instrumentalisiert werden.» Entscheidend sei nicht die rechtliche Beschränkung, sondern die politische Kultur.

Auch er ist sich bewusst, dass das Instrument der Initiative sich verändert hat. «Politisch starke Gruppierungen, die im Parlament vertreten sind, setzen das Initiativrecht als Mittel der Mobilisierung ein.» Zu diesem Zweck würden Initiativen pointierter formuliert und häufiger angenommen – und seien damit schwieriger umzusetzen.

Eine Vertrauenskrise konstatiert Dumermuth aber noch nicht. Wenn jedoch Initiativen Erwartungen weckten, die nicht erfüllt werden könnten, gerate die Schweiz in einen Teufelskreis: Werde das Instrument immer stärker benutzt, drohe der Verfassungstext immer weiter von der rechtlichen Wirklichkeit abzurücken, und damit beliebig zu werden. «Eine Verfassung, die toter Buchstabe bleibt. Dann hätten wir eine Vertrauenskrise.»

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