Der scheidende Nationalrat und Ex-FDP-Präsident Fulvio Pelli hat der SVP und der CVP in einem Interview verbale Ohrfeigen verpasst. Der ersten Partei wirft er Unfähigkeit zu Kompromissen vor, der zweiten eine linke Tendenz.
Im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen 2015 stellt sich für die FDP erneut die Frage einer Zusammenarbeit mit der SVP – eine Option, welche die Partei 2011 verwarf. Damals hatte der Tessiner in seiner damaligen Funktion als FDP-Präsident ein Zusammengehen verweigert.
Eine solche Zusammenarbeit «hätte ausschliesslich der SVP gedient», wie Pelli in einem Interview sagte, das am Samstag in den Westschweizer Zeitungen «Le Nouvelliste», «L’Impartial» und «L’Express» erschien. Auch für die kommenden Wahlen bleibt Pelli skeptisch.
Zwar könne für 2015 eine Kooperation in Erwägung gezogen werden, sagte Pelli. Doch müsse sich die SVP bewusst sein, dass für eine solche auch ein politischer Preis zu zahlen sei. «Eine Kooperation impliziert die Suche nach Kompromissen auf dem Verhandlungsweg.»
Solidarität rechts der Mitte
«Die FDP unterstützt die SVP-Masseneinwanderungsinitiative nicht, die am 9. Februar vors Volk kommt», stellte er klar. Auch bestritt Pelli, dass es in den letzten Jahren zwischen den beiden Parteien zu irgendeiner Annäherung gekommen sei.
Der ehemalige FDP-Chef verschonte auch die CVP nicht. Auch zu ihr sei keine Annäherung möglich. «Einerseits arbeitet die CVP in letzter Zeit oft mit der Linken zusammen. Andererseits herrscht in der Partei völliges Chaos», so Pelli.
Keine Kompromisse mehr
Noch-CVP-Fraktionschef Urs Schwaller lieferte derweil in einem separaten, aber ebenfalls am Samstag publizierten Interview mit den Westschweizer Zeitungen «La Liberté» und «Le Quotidien jurassien» eine Antwort auf die Angriffe. Er stritt jeglichen Links-Kurs ab.
«Unsere Finanz- und Wirtschaftspolitik ist ganz klar bürgerlich», sagte Schwaller. Und die CVP vertrete christliche Werte. Wenn hingegen ein Engagement für Familien und beispielsweise Krippen als links eingestuft werde, müsse er die Bezeichnung halt in Kauf nehmen, so der Freiburger Ständerat.
Aus Schwallers Sicht hatte die CVP in Bundesbern noch nie so viel Einfluss wie heute: «Um einen Entscheid durchzubringen, muss man in der Mitte Allianzen schaffen». Da die Partei aber über Jahre hinweg auf Kompromisslösungen gesetzt habe, habe sie an Sichtbarkeit eingebüsst.
Schwaller folgert daraus: «Auf die Gefahr hin, dass eine Vorlage scheitert, halte ich deshalb von jetzt an lieber Kurs, als unsere Position aufzuweichen». Für die Wahlen 2015 wolle die CVP ihre Zusammenarbeit mit der BDP stärken. Laut Schwaller sollten die Resultate aus den Gesprächen im Verlauf des ersten Hälfte des kommenden Jahres bekannt werden.