Der kosovarische Ex-Regierungschef Ramush Haradinaj ist in Frankreich festgenommen worden. Serbien wirft ihm Kriegsverbrechen während des Kosovo-Krieges vor.
Der einstige Anführer der kosovarischen Befreiungsarmee UCK wurde am Mittwoch auf dem Flughafen Basel-Mülhausen (EAP) festgenommen, wie aus Ermittlerkreisen verlautet. Nach Angaben des kosovarischen Aussenministeriums vollstreckte Frankreich damit einen von Serbien ausgestellten internationalen Haftbefehl.
Die französische Justiz wird nun prüfen, ob sie den heutigen kosovarischen Oppositionspolitiker ausliefert. «Wir unternehmen alles, damit Haradinaj so schnell wie möglich freigelassen wird», sagte die kosovarische Justizministerin Dhurata Hoxha. Der 48-jährige Haradinaj war aus der kosovarischen Hauptstadt Pristina nach Basel-Mülhausen geflogen.
Während des Kosovo-Krieges in den Jahren 1998 und 1999 war Haradinaj Anführer der kosovarischen Befreiungsarmee UCK. Im Dezember 2004 wurde er zum ersten Regierungschef des Kosovo gewählt.
Freispruch vor Kriegsverbrechertribunal
Nach hundert Tagen im Amt trat er zurück, um sich den Vorwürfen des Uno-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag zu stellen. Ihm wurde vorgeworfen, für Morde, Misshandlungen und Vergewaltigungen von serbischen und albanischen Zivilisten verantwortlich zu sein.
2008 wurde Haradinaj vor dem Haager Tribunal in 37 Anklagepunkten freigesprochen. Viele Zeugen hatten aus Angst die Aussage verweigert. Die Staatsanwaltschaft beantragte Revision und machte geltend, dass Zeugen und deren Familien im Kosovo eingeschüchtert worden seien. Ein Berufungsurteil von 2012 bestätigte den Freispruch.
Die serbischen Behörden wollen Haradinaj wegen Kriegsverbrechen im Kosovo-Krieg dennoch strafrechtlich verfolgen. Wegen des internationalen Haftbefehls war er im Juni 2015 schon einmal kurzzeitig in Slowenien inhaftiert worden.
Jahre in der Schweiz
Vor dem Kosovo-Krieg hatte Haradinaj neun Jahre in der Schweiz gelebt. Hierzulande arbeitete er als Tischler, Türsteher, Kampfsport-Trainer und Sicherheitsmann bei Sportveranstaltungen.
1990 trat er in die Volksbewegung des Kosovo ein, die im Exil den Krieg gegen die jugoslawische Armee vorbereitete. 1997 kehrte Haradinaj ins Kosovo zurück und gründete zusammen mit seinen Brüdern Daut und Shkelzen eine Gruppe, die Angriffe auf serbische Polizisten verübte.
Kurz darauf gründete Haradinaj innerhalb der UCK die Spezialeinheit Schwarze Adler, deren Chef Balaj wurde. Den Schwarzen Adlern wirft die Regierung in Belgrad vor, Dutzende serbische Polizisten gefoltert und ermordet zu haben. Während des Kosovo-Krieges kommandierte Haradinaj dann die UCK an der Grenze zu Albanien.