Die erwartete leichte Konjunkturerholung in der Euro-Zone steht inzwischen stärker infrage als noch vor einigen Wochen. Das zumindest geht aus Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) hervor.
«Der Aufschwung in der zweiten Jahreshälfte ist mit mehr Abwärtsrisiken versehen als vor vier oder acht Wochen», sagte EZB-Direktor Jörg Asmussen am Dienstag bei einem Vortrag zur Euro-Schuldenkrise im deutschen Nürtingen.
Als Risiken nannte er unter anderem ein Erlahmen der Reformen in den kriselnden Euro-Staaten. Inflationsdruck sehe die Zentralbank hingegen nicht aufkommen, würde aber umgehend an der Zinsschraube drehen, wenn es dazu käme.
Mit Blick auf die Schuldenkrise sagte Asmussen, das Euro-Gebiet habe deutliche Fortschritte im Kampf gegen die Krise gemacht. «Wir können mit der Krise besser umgehen, und die Wahrscheinlichkeit von Katastrophenszenarien – ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone – hat deutlich abgenommen», erklärte der Deutsche. Die Ankündigung der EZB, notfalls unter Bedingungen eines Reformprogramms unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen, habe zu diesem Fortschritt beigetragen.
Asmussen warnte zugleich, von der Geldpolitik zu viel zu erwarten bei der Krisenabwehr. Die EZB könne nicht eingreifen, wenn ein Land wie Italien wegen des Misstrauens seiner Bürger in das politische System ohne Regierung sei.
Auch ein Ausbleiben von Reformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit oder zur Sanierung des Bankensektors könne die EZB nicht ausbügeln. «Wir sorgen für stabile Preise, aber wir sind keine Allzweckwaffe für das wirtschaftspolitische System», sagte Asmussen.