Offiziell wehrt sich die Europäische Zentralbank (EZB) gegen eine stärkere Rolle in der Eurokrise. Tatsächlich hilft die Notenbank bereits mit drastischen Massnahmen: Am Mittwoch bekamen die Euro-Banken fast eine halbe Billion Euro von ihr geliehen.
Insgesamt liehen sich über 500 Institute 489,2 Mrd. Euro für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren, wie die EZB in Frankfurt mitteilte. Sie bezahlen dafür ein Prozent Zins. Beobachter sagten, dass dies die höchste Summe sei, die Banken bisher bei der EZB abgerufen hatten.
Grund für den Andrang ist angesichts hoher Risiken das wachsende Misstrauen unter den Banken. Sie leihen sich wegen der vielen Staatspapiere kriselnder Länder in ihren Büchern immer weniger Geld, da mit der Krise des Euro vielen Banken Abschreiber drohen.
Im Zuge der Krise ist auch der Markt für neue Bankanleihen, mit denen die Häuser Fremdkapital aufnehmen könnten, fast ausgetrocknet. Experten befürchteten daher, dass die Banken die Kreditversorgung der Unternehmen drastisch einschränken. Ausserdem könnten einzelne Banken in existenzbedrohende Schieflagen geraten.
EZB will Kreditklemme verhindern
Die EZB hatte die Kreditvergabe in unbegrenzter Höhe parallel zu ihrer letzten Zinssenkung vor zwei Wochen angekündigt, um diese Verschärfung der Krise im Bankensektor und in der Realwirtschaft zu verhindern.
Einige Ökonomen sehen in dem Kreditprogramm der EZB allerdings auch eine indirekte Staatsfinanzierung. Denn mit den günstig verzinsten Krediten könnten die Banken Staatsanleihen von Euro-Sorgenkindern kaufen und damit einen respektablen Gewinn einstreichen. Auf diese Weise würde die EZB auch den an den Märkten unter Druck geratenen Krisenländern helfen.
Allerdings bestreitet die Notenbank solche Absichten – ebenso wie sie sich gegen Druck aus der Politik zur Wehr setzt, selbst unbegrenzt Staatsanleihen aufzukaufen.
Börse reagiert kaum
An der Aktion beteiligten sich laut EZB insgesamt 523 Banken, ein sehr hoher Wert. Der Zins, den sie zahlen müssen, orientiert sich an den Sätzen der wöchentlichen Hauptrefinanzierungsgeschäften der Institute mit der EZB über die Laufzeit von drei Jahren. Derzeit liegt er bei 1,0 Prozent – das entspricht dem Leitzins im Euroraum.
Am Mittwoch ging das erste von insgesamt zwei solcher ungewöhnlich langen Geschäfte über die Bühne – die 489 Mrd. Euro waren Ökonomen zufolge die höchste Summe, die je auf einen Schlag von Banken bei der EZB abgerufen wurde.
Die zweite Runde ist für den 29. Februar 2012 geplant. Die Banken können die Kredite auch nach einem Jahr wieder zurückzahlen. An den Börsen und beim Eurokurs schlug sich die Nachricht allerdings nur kurzfristig in Kursaufschlägen nieder.