Es klingt wie Science-Fiction: Facebook arbeitet an Technologien zum Gedankenlesen. Das weltgrösste Online-Netzwerk stellte bei seiner jährlichen Entwicklerkonferenz ein Projekt vor, das es Nutzern ermöglichen soll, Nachrichten zu verfassen, ohne sie zu schreiben.
Es gehe zum Beispiel um die Möglichkeit, einem Freund eine Textnachricht zu schicken, ohne das Smartphone herauszuholen, sagte Facebook-Managerin Regina Dugan am Mittwoch (Ortszeit) auf der hauseigenen Entwicklerkonferenz F8 im kalifornischen San José. Das aktuelle Ziel sei, auf 100 Worte pro Minute zu kommen.
Dugan verwies auf aktuelle Forschungen an der Stanford-Universität, in denen eine gelähmte Frau dank Elektroden im Gehirn, «so gross wie eine Bohne», acht Worte pro Minute in den Computer schreiben könne. Für eine Ausbreitung der Technologie seien Implantate aber nicht geeignet, es müsse sehr empfindliche Sensoren auf der Oberfläche des Kopfs geben.
Gedanken teilen – wie Fotos oder Videos
«Solche Technologie existiert heute nicht. Wir werden sie erfinden müssen», sagte Dugan, die vor Facebook bei Googles Zukunftslabor und der Forschungsagentur DARPA des US-Verteidigungsministeriums war. Bei Facebook arbeite ein Team aus 60 Forschern an der Vision. «Wir haben gerade erst losgelegt.»
Ein Nebeneffekt der Technologie könne auch sein, dass sich Menschen in anderen Sprachen ausdrücken könnten, ohne sie zu lernen, sagte Dugan. So könnte zum Beispiel der Gedanke an eine Tasse direkt mit dem entsprechenden Fremdwort in Spanisch oder Chinesisch umgesetzt werden. Es gehe zugleich auf keinen Fall darum, wahllos Gedanken von Menschen zu lesen, betonte Dugan.
Eines Tages werde es möglich sein, einen Gedanken wie Fotos oder Videos zu teilen, erklärte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Langfristiges Ziel sei die Entwicklung einer «tragbaren Technologie» für den Massenmarkt.
Facebook nicht allein
Nicht nur Facebook macht sich gerade Gedanken über eine solche Technologie. Auch Tech-Milliardär Elon Musk erforscht in einer neuen Firma, wie das menschliche Gehirn direkt mit Computern vernetzt werden könne. Der 45-Jährige sei an dem Unternehmen Neuralink beteiligt, das entsprechende Elektroden entwickeln will, berichtete das «Wall Street Journal» Ende März.
Musk, Chef des Elektroautobauers Tesla und der Weltraumfirma SpaceX, hatte bereits bei einem Konferenz-Auftritt im vergangenen Jahr gesagt, dass er künstliches Nervengewebe zum Verbinden mit Computern für eine wichtige Zukunftstechnologie halte. Das könne Menschen helfen, mit der künftigen künstlichen Intelligenz mitzuhalten, vor deren möglichen Übermacht Musk mehrfach warnte.
Musk sprach damals von einem «direkten Interface zur Hirnrinde», insgesamt blieb er aber vage, und deshalb war unklar, ob es ein konkretes Projekt oder eine Technik-Fantasie ist.