Fahrassistenzsysteme machen laut VCS zweite Gotthardröhre unnötig

Aus Sicherheitsgründen ist eine zweite Gotthardröhre gemäss dem Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) unnötig. Denn mit modernen Fahrassistenzsystemen liessen sich Kollisionen künftig nahezu ausschliessen. Der Schweizerische Gewerbeverband (sgv) sieht das anders.

Der Gotthardstrassentunnel: Der VCS hält eine zweite Röhre aus Sicherheitsgründen für unnötig. Fahrassistenzsysteme würden Kollisionen künftig unwahrscheinlicher machen. (Bild: sda)

Aus Sicherheitsgründen ist eine zweite Gotthardröhre gemäss dem Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) unnötig. Denn mit modernen Fahrassistenzsystemen liessen sich Kollisionen künftig nahezu ausschliessen. Der Schweizerische Gewerbeverband (sgv) sieht das anders.

Bereits heute seien viele Autos und Lastwagen mit solchen smarten Technologien ausgerüstet, schreibt der VCS in einer Medienmitteilung vom Dienstag. In 10 bis 15 Jahren – wenn die zweite Röhre fertiggestellt wäre – werde dies erst recht der Fall sein.

«Fahrassistenzsysteme werden künftig auch für den Gotthard-Strassentunnel einen Sicherheitsgewinn bringen», sagte VCS-Präsidentin Evi Allemann gemäss Mitteilung vor den Medien. In Tunnels hätten vor allem der Abstandshalter, der Spurhalte- und der Spurwechselassistent grosses Potenzial, sagte Markus Muser, Geschäftsleiter der Arbeitsgruppe für Unfallmechanik.

Der Bau einer zweiten Röhre sei daher unnötig, hielt Allemann fest. Zumal die Sicherheit zusätzlich mit rasch umsetzbaren, günstigeren Massnahmen verbessert werden könnte.

Thermoportal und Leitplanke

Konkret schlägt der VCS ein Thermoportal am Nordeingang des Tunnels vor. Dieses würde überhitzte Fahrzeuge erkennen und stoppen. Eine weitere Idee ist eine versenkbare Mittel-Leitplanke. Eine solche könnte laut VCS sogenannte Billardunfälle verhindern. Bei diesen werden die Autos, nachdem sie die Tunnelwand gestreift haben, auf die andere Strassenseite geschleudert.

Auch eine Temporeduktion von 80 auf 60 Kilometer pro Stunde im Tunnel hält der Verband für sinnvoll. Diese Massnahmen kosteten einen Bruchteil der veranschlagten drei Milliarden Franken, die eine zweite Röhre verschlingen würde, sagte Allemann.

«Ungenügende Retouchen»

Der Gewerbeverband bezeichnet diese Vorschläge als «ungenügende technische Sicherheits-Retouchen». Die zweite Gotthardröhre sei notwendig, schreibt der Verband am Dienstag in einer Reaktion auf die Vorschläge des VCS. Nur ein richtungsgetrennter Tunnel bringe Sicherheit am Gotthard.

Der Gotthardtunnel sei einer der längsten Tunnel mit Gegenverkehr in Europa, schreibt der Gewerbeverband. Auf über 17 Kilometern kreuzten sich Lastwagen und Autos auf engstem Raum in einer Röhre. Pannenstreifen gebe es keine. Das Risiko einer Frontalkollision sei sehr hoch. Der Gotthardtunnel genüge modernen Sicherheitsstandards nicht.

Nötig für Sanierung

Aus Sicht des Bundesrates und der Parlamentsmehrheit ist ein neuer Strassentunnel nötig, um den ersten, 1980 eröffneten, zu sanieren. Der neue Tunnel soll ab etwa 2020 in sieben Jahren gebaut werden. Anschliessend würde der bestehende Tunnel gesperrt und saniert. Ab etwa 2030 sollen dann beide Tunnels je einspurig betrieben werden.

Gegen den Bau hatten die Parteien SP, Grüne und GLP sowie über 50 nationale, regionale und lokale Organisationen das Referendum ergriffen. Zur Abstimmung kommt die Vorlage erst nach den eidgenössischen Wahlen.

Es ist das dritte Mal nach 1994 (Alpenschutz-Initiative) und 2004 (Gegenvorschlag zur Avanti-Initiative), dass das Volk direkt oder indirekt über den Bau eines zweiten Tunnels durch den Gotthard befinden kann. Bisher lehnte es solche Bestrebungen ab.

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