Fall von mutmasslichem Folteropfer in Ukraine sorgt für Empörung

Der Fall des offenbar gefolterten ukrainischen Aktivisten Dmitri Bulatow sorgt international für Empörung. Nach Angaben des deutschen Aussenministers Frank-Walter Steinmeier darf Bulatow nun ab Sonntag in die EU ausreisen.

Steinmeier traf in München auch mit Klitschko zusammen (Bild: sda)

Der Fall des offenbar gefolterten ukrainischen Aktivisten Dmitri Bulatow sorgt international für Empörung. Nach Angaben des deutschen Aussenministers Frank-Walter Steinmeier darf Bulatow nun ab Sonntag in die EU ausreisen.

Das habe ihm der amtierende ukrainische Aussenminister Leonid Koschara mitgeteilt, sagte Steinmeier am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. Steinmeier sprach von einem «kleinen Fortschritt» und bot dem Oppositionsaktivisten erneut an, sich in Deutschland medizinisch behandeln zu lassen.

Die ukrainische Staatsführung wirft Bulatow die «Organisation massiver Unruhen» vor. Das Innenministerium verdächtigt ihn, die Entführung lediglich inszeniert zu haben. Über Bulatow, der sich nach Angaben des Oppositionspolitikers Vitali Klitschko zuletzt noch auf der Intensivstation befand, wurde Hausarrest verhängt.

Der 35-jährige Bulatow war am Donnerstag schwer verletzt in einem Dorf ausserhalb der Hauptstadt Kiew aufgetaucht. Im ukrainischen Fernsehen schilderte er, wie er von Unbekannten verschleppt und gefoltert worden sei. Seine Entführer hätten ihm ein Ohr abgeschnitten und Nägel durch seine Hände geschlagen.

Klitschko verurteilte den Druck, den die ukrainische Führung auf Bulatow ausübe. Die EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton zeigte sich «entsetzt» über die Misshandlungen Bulatows und kritisierte das Vorgehen gegen den Regierungsgegner als «inakzeptabel».

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erklärte: «Das ist Barbarei, die sofort aufgeklärt werden muss.» Auch die USA forderten die Justiz zu rascher Klärung auf und zeigten sich «tief besorgt».

Auch Opposition soll gefoltert haben

Der russische Aussenminister Sergej Lawrow warf der EU im Gegenzug vor, den Konflikt in der Ukraine bewusst anzuheizen. «Wieso gibt es keine Verurteilung derer, die Regierungsgebäude besetzen, Polizisten attackieren oder rassistische, antisemitische Nazi-Slogans verwenden?», sagte Lawrow mit Blick auf die Entwicklung in Kiew.

Das ukrainische Innenministerium warf seinerseits den Demonstranten auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew vor, einen Milizionär gefoltert zu haben. Der Major sei schwer verletzt worden und erst nach dem Einsatz ausländischer Diplomaten freigekommen.

Die Oppositionspolitiker Klitschko und Arseni Jazenjuk warben unterdessen in München um Unterstützung. Jazenjuk warnte bei einem Treffen mit Ashton und Steinmeier vor einem «wahrscheinlichen» Einsatz der Armee gegen die Demonstranten.

Auch Bundespräsident Didier Burkhalter tauschte sich in München mit den Oppositionspolitikern und der ukrainischen Führung aus. Er erneuerte dabei das Vermittlungsangebot, das er als Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bereits an die Konfliktparteien gerichtet hatte.

Razzia gegen Timoschenko-Partei

Inzwischen wurde zudem bekannt, dass auch der ukrainische Geheimdienst SBU gegen die Opposition wegen versuchten Staatsstreichs ermittelt. Bei einer Razzia in den Räumen der Vaterlandspartei der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko seien dafür Beweise gefunden worden, sagte Maxim Lenko vom SBU in einer Fernsehsendung.

Die Gegner von Präsident Janukowitsch demonstrieren seit mehr als zwei Monaten für einen Westkurs des Landes. Ende November hatte Janukowitsch ein historisches Partnerschaftsabkommen mit der EU auf Druck Russlands platzen lassen.

Als der Staatschef Mitte Januar dann demokratische Freiheiten einschränkte, eskalierten die Proteste. Es gab Tote und hunderte Verletzte. Die Opposition um Ex-Boxweltmeister Klitschko beharrt seither auf einem Rücktritt Janukowitschs.

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