Falsche Versprechungen sind das Problem

Im idyllischen Frauenbad beim Eglisee kommt es auch zu Konflikten: Vergangenes Pfingstwochenende hatten Musliminnen den Bademeister dazu aufgefordert, das Bad zu verlassen. Nun bezieht das Sportamt Stellung.

Harmonischer als von den Behörden dargestellt: das «Fraueli» im Eglisee.

(Bild: zVg)

Im idyllischen Frauenbad beim Eglisee kommt es auch zu Konflikten: Vergangenes Pfingstwochenende hatten Musliminnen den Bademeister dazu aufgefordert, das Bad zu verlassen. Nun bezieht das Sportamt Stellung.

Das Frauenbad Basel, das zum Gartenbad Eglisee gehört, ist ein Unikat in der Schweiz und hat eine lange Tradition. Es wurde 1911 als Frauenbad errichtet, erst 1930 wurde es zum Familienbad ausgebaut. Das Angebot, im «Fraueli» zu baden, schwimmen und zu flanieren, wird seit geraumer Zeit auch von Musliminnen genutzt – da die strenge Auslegung ihrer Kultur es nicht erlaubt, dass Männer den unbedeckten Frauenkörper sehen, ist das Frauenbad für sie eine einmalige Gelegenheit.

Doch das Badepersonal ist nicht nur weiblich: In der Technik sind ausschliesslich Männer beschäftigt, und auch die Bademeister können beiderlei Geschlechts sein. Dies sorgt seit jeher für Verunstimmungen bei den muslimischen Badegästen – ein Problem, das in jüngster Zeit zu eskalieren droht.

Das Bad hält an seinen Hausregeln fest

Am Pfingstwochenende kam es zum Eklat: Eine Gruppe Musliminnen aus dem Elsass ging auf den Bademeister los und forderte ihn auf, das Bad zu verlassen. Der Vorfall wurde heiss diskutiert, doch das Thema ist nicht neu: Bereits 2010 schrieb die BaZ von einem «Kampf der Kulturen».  Nun bezieht das Sportamt Stellung zu den jüngsten Ereignissen. 

Peter Howald, Leiter des Sportamts Basel, betont zwar, dass ihm das Nebeneinander der Kulturen sehr am Herzen liege, und dass man dies unbedingt aufrecht erhalten wolle: «Die Hausregeln des Frauenbads bleiben jedoch bestehen. Frauen, welche diese nicht respektieren, sollen dem Frauenbad fernbleiben. Egal, welchem kulturellen oder religiösen Kreis sie angehören».

Auf die Hausregeln wird auch mit Piktogrammen im Eingangsbereich hingewiesen, um sprachliche Barrieren abzubauen und Konflikten vorzubeugen. Auch soll das Frauenbad künftig ab einer bestimmten Anzahl Besucherinnen geschlossen werden: «Die Enge des Bads schürt die Konflikte zusätzlich», sagt Howald. Zudem prüft das Sportamt auf die kommende Saison hin die Möglichkeiten einer Member-Card. 

Immer mehr Musliminnen

«Die Anzahl der muslimischen Besucherinnen aus dem Elsass ist dieses und bereits letztes Jahr massiv gestiegen», hält Howald weiter fest. Davon kann man sich selbst überzeugen: An einem sonnigen Sonntagnachmittag reichen die Menschenschlangen vor der Eintrittskasse oft bis auf die Strasse hinaus, viele der anstehenden Frauen sind verhüllt.

Laut Howald gibt es Kleinunternehmer, die Carreisen organisieren und ganze Frauenscharen im falschen Glauben ins Eglisee chauffieren, dass es sich um ein rein muslimisches Bad handle. Dies sei das Gartenbad Eglisee nicht und wolle es auch unter keinen Umständen werden. Bei aller Diplomatie wird diese Botschaft an der einberufenen Pressekonferenz klar. Ebenso deutlich macht Howald, dass das «Fraueli» bestehen bleibt: «Die Gerüchte, dass das Frauenbad zum Familienbad werden soll, sind haltlos. Das Frauenbad ist aus dem Kleinbasel nicht wegzudenken.»

Das eigentliche Problem sind die Anbieter der Carreisen, sagt Sportamtleiter Peter Howald.

Howald und Franz Bohrer, Betriebsleiter des Gartenbads Eglisee, betonten mehrfach, dass die muslimischen Frauen aus der Region Basel sich vorbildlich verhalten würden, dass mit ihnen «ein fruchtbarer Dialog» im Gange sei. An der Pressekonferenz sind zwei Vertreter der Muslimischen Kommission Basel (BMK) anwesend. «Manche Frauen aus der Region Basel ärgern sich selbst über das Verhalten ihrer elsässischen Glaubensgenossinnen», so Bohrer.

Doch auch im Urteil über die Elsässerinnen ist das Sportamt um Diplomatie bemüht: «Das eigentliche Problem sind die Anbieter der Carreisen. Die Frauen werden zum Teil von weit her unter falschen Versprechungen hierhin chauffiert und müssen dann feststellen, dass es männliches Badepersonal hat. Da ist es verständlich, dass sie sich aufregen», sagt Howald.  

Kein männerfreies Frauenbad

Die Frage, ob männliches Badepersonal in ein Frauenbad gehört, stellt sich unweigerlich, auch für nicht-muslimische Frauen. Einem Online-Forum ist zu entnehmen, dass verschiedenen Frauen die Anwesenheit der Männer ein Dorn im Auge ist: «Wir wollen im Frauenbad unter uns sein», heisst es dort etwa. Wie schwierig wäre es also tatsächlich, auf weibliches Personal umzustellen?

«Im Bereich der Technik ist das mit der momentanen Personalsituation schlicht unmöglich», antwortet Howald. Bademeisterinnen gebe es leider auch nicht wirklich viele. Howald gibt allerdings zu, dass es in erster Linie ein Grundsatzentscheid ist und wenig mit der Unmöglichkeit zu tun hat, weibliches Personal aufzutreiben.

«Wir wollen und können nicht garantieren, dass keine Männer im Frauenbad arbeiten», sagt Howald. Gut möglich auch, dass absichtlich von rein weiblichem Personal abgesehen wird, da dadurch zusätzliche Anreize für den Besuch des Frauenbads geschafft würden, das bereits jetzt an seine Grenzen stösst.

Im Hallenbad Rialto geht ein Alarm los, bevor männliches Personal das Bad betritt.

Doch das Sportamt ist weiterhin an Lösungsansätzen interessiert, die alle Beteiligten zufrieden stellen. So werde etwa ein Vorschlag der Muslimischen Kommisson Basel (BMK) geprüft. Demnach soll fünf Minuten bevor ein Mann das Bad betritt, ein Licht- oder Tonsignal losgehen, damit die Frauen sich bedecken können.

Im Hallenbad Rialto gibt es so einen Alarm ebenfalls, bevor männliches Reinigungspersonal die Dusche betritt. Serhad Karatekin, Mediensprecher der BMK, würde dieses Entgegenkommen begrüssen: «Meine Frau war früher auch manchmal im Frauenbad, doch nun geht sie wegen dem männlichen Personal nicht mehr hin. Wenn es einen Alarm gäbe, könnte sie wieder herkommen.»

In der Region gibt es nur noch in Freiburg das Loretto-Frauenbad, im Elsass gibt es nichts Vergleichbares. Trotz dem anscheinend grossen Bedarf an einem muslimischen Gartenbad weiss Karatekin nichts von entsprechenden Bauplänen. «Wer solch ein Projekt auf die Beine stellen würde, könnte garantiert reich werden», meint er zwar. Weder die BMK noch er selbst würden jedoch über das nötige Startkapital verfügen.

Umbauarbeiten im August

In diesem Jahr wird sich laut Howald für die Frauenbad-Gängerinnen auf jeden Fall nicht mehr viel verändern, da dies wenig Sinn mache. Zumal die Gartenbadsaison im Eglisee dieses Jahr früher endet als gewohnt: Wegen Umbauarbeiten schliesst das Gartenbad bereits am 31. August. «Wir werden die unterschiedlichen Lösungsansätze auf die kommende Saison hin prüfen», sagt Howald.

Einen Vorteil bringt das schlechte Wetter an der regnerischen Pressekonferenz mit sich: Für einmal können auch männliche Medienschaffende beim Rundgang einen Blick in das leere Frauenbad erhaschen. Allerdings müssen die Männer das Bad bald darauf wieder verlassen: Es war doch nicht so leer, eine hartgesottene Bademeisterin war am Schwimmen – oben ohne.

Verständlicherweise wollte sie nicht, dass männliche Medienschaffende und der Leiter des Sportamts ihre nackten Brüste sehen. «Obwohl sie eine Schweizerin ist», wie einige amüsiert bemerkten. 

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