Der bereits bei der Tsunami-Katastrophe vor zwölf Jahren verwüstete Norden der indonesischen Insel Sumatra ist von einem schweren Erdbeben erschüttert worden. Fast 100 Menschen wurden getötet und viele weitere verletzt.
Die Erde in der Provinz Aceh bebte am Mittwochmorgen kurz nach 5.00 Uhr mit einer Stärke von 6,4. Der Erdbebenherd lag nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS nur acht Kilometer unter der Erdoberfläche. Sie sprach von einer Stärke von 6,5.
In der kleinen Stadt Meureudu nahe des Epizentrums fielen ganze Moscheen und Geschäfte in sich zusammen. Eine Tsunami-Warnung wurde aber nicht herausgegeben.
«Bisher wurden 97 Todesopfer gemeldet und die Zahl wird noch weiter steigen», sagte Acehs Militärchef Tatang Sulaiman. «Manchmal bergen wir fünf oder zehn Leichen auf einmal.»
Mindestens 300 Menschen wurden verletzt, 73 von ihnen schwer, wie die Katastrophenschutzbehörde mitteilte. Es sei zu befürchten, dass viele Einwohner noch unter den Trümmern eingeschlossen sind.
Mehr als tausend Soldaten und fast 900 Polizisten waren im Erdbebengebiet im Einsatz, um die Rettungsarbeiten zu unterstützen und Notunterkünfte zu errichten. Die Rettungskräfte suchten in eingestürzten Häusern nach Verschütteten. Mit schwerem Gerät hoben die Helfer Trümmerteile, um zu den eingeschlossenen Menschen zu gelangen.
Andere Menschen hielten sich auf der Strasse auf, weil sie aus Angst vor weiteren Beben nicht in ihre Häuser zurückkehren wollten. Zudem verloren viele Menschen ihr Dach über dem Kopf, weil hunderte Häuser beschädigt wurden. «Der Strom funktioniert immer noch nicht», sagte ein Vertreter des örtlichen Katastrophenschutzes. «In einigen Gebieten gibt es Generatoren, aber nicht viele.»
Mindestens fünf Nachbeben
Das Beben der Stärke 6,5 erschütterte die muslimisch geprägte Region, als viele Bewohner bei den Vorbereitungen zum Morgengebet waren. Andere wurden im Schlaf überrascht und rannten dann aus Angst vor weiteren Beben schnell ins Freie. Nach Angaben der indonesischen Behörde für Meteorologie, Klimakunde und Geophysik folgten mindestens fünf Nachbeben.
Die örtlichen Spitäler waren rasch überfüllt, weil ständig Verletzte eingeliefert wurden. Das Spital im Bezirk Pidie Jaya musste Patienten abweisen und schickte sie in andere Häuser. Viele Ärzte schoben die Krankenbetten ins Freie und behandelten die Verletzten dort, weil sie durch Nachbeben einen Einsturz der Spitalgebäude befürchteten.
Weihnachten 2004 hatte ein durch ein heftiges Seebeben ausgelöster Tsunami an den Küsten des Indischen Ozeans allein in Indonesien mehr als 170’000 Menschen in den Tod gerissen, viele davon in Aceh. Zehntausende weitere Menschen starben in anderen betroffenen Staaten, darunter Thailand, Sri Lanka und Indien.