Nach 18 Jahren Verhandlungen kann Russland endlich der Welthandelsorganisation WTO beitreten. Zwei Jahrzehnte nach dem Fall der Sowjetunion stimmte der WTO-Ministerrat in Genf dem Beitritt zu. Überschattet wurde der Moment von einem Bremsmanöver der USA, das seinen Ursprung im Kalten Krieg hat.
Die Amerikaner werden bis auf weiteres als einziges WTO-Land Russland nicht die durch die Mitgliedschaft möglichen Handelsvergünstigungen gewähren. Grund ist ein noch geltendes US-Gesetz aus Zeiten des Kalten Krieges.
Danach können US-Regierungen „politisch empfindlichen Staaten“, zu denen seinerzeit auch Russland gezählt wurde, nicht ohne Zustimmung des Kongresses Handelsvorteile gewähren.
Als Reaktion erklärte Moskau, die WTO-Regeln seinerseits vorerst nicht auf die USA anzuwenden. Die US-Regierung werde sich wahrscheinlich noch vor der Ratifizierung des russischen WTO-Beitritts durch das russische Parlament, die im Juni 2012 erwartet wird, um Zustimmung des Kongresses bemühen, hiess es aber in diplomatischen Kreisen.
Trotz der Vorbehalte der USA fiel der Beschluss der 8. WTO-Ministerkonferenz im Konsens. „Dies ist ein historischer Moment für Russland und für das gesamte WTO-System“, sagte der WTO-Generaldirektor Pascal Lamy bei der Aufnahmezeremonie.
Russland erhofft sich Wachstumsschub
Der russische Präsident Dmitri Medwedew erklärte in Moskau, die Verhandlungsergebnisse seien für sein Land und dessen künftige Partner positiv. Seine Regierung will die Wirtschaft weniger abhängig von Rohstoffen machen und hofft nun auf Investitionen aus dem Ausland.
Nach Schätzungen der Weltbank könnte sich mit dem Beitritt die Wirtschaftskraft Russlands mittelfristig um 3,3 Prozent und langfristig um 11 Prozent erhöhen.
Russland hat nun sechs Monate Zeit, den Beschluss zu ratifizieren, um dann 30 Tage später Mitglied der Organisation zu werden. Die WTO hat bislang 153 Mitglieder. Mit dem Beitritt Russlands deckt sie 97 Prozent des Welthandels ab.