Fehlgeleitet – ein offener Brief an Toni Bortoluzzi

Unser Community-Mitglied Lovey Wymann antwortet in einem offenen Brief an Toni Bortoluzzi auf dessen schwulen- und lesbenfeindliche Äusserungen. Unser Community-Mitglied Lovey Wymann antwortet in einem offenen Brief an Toni Bortoluzzi auf dessen schwulen- und lesbenfeindliche Äusserungen. Bortoluzzi bezog sich auf die geplante Reform des Familienrechts.  Sehr geehrter Herr Bortoluzzi … (Wobei das mit dem «geehrt» […]

Toni Bortoluzzi begutachtet den ihm im Namen aller Fraktionen geschenkten Waschlappen für seine schwulenfeindlichen Äusserungen.

Unser Community-Mitglied Lovey Wymann antwortet in einem offenen Brief an Toni Bortoluzzi auf dessen schwulen- und lesbenfeindliche Äusserungen.

Unser Community-Mitglied Lovey Wymann antwortet in einem offenen Brief an Toni Bortoluzzi auf dessen schwulen- und lesbenfeindliche Äusserungen. Bortoluzzi bezog sich auf die geplante Reform des Familienrechts

Sehr geehrter Herr Bortoluzzi …

(Wobei das mit dem «geehrt» nur als höfliche Floskel zu verstehen ist.)

Ich bin also fehlgeleitet, da Single und kinderlos – dass beides nicht so geplant war, interessiert Sie genau so wenig wie die Wissenschaft, die bei meinen schwulen und lesbischen Freunden und Freundinnen keine verdrehten Hirnlappen feststellen kann. Meine und ihre Lebensweise ist unnatürlich und gefährdet die Stabilität der Gesellschaft, sagen Sie. Womit Sie sämtliche Beiträge, die Menschen wie ich für die Gemeinschaft leisten, ignorieren. Und das macht mich, mit Verlaub, unendlich wütend und traurig zugleich.

Wissen Sie, wie viele Stunden in meinem Leben ich mich um Kinder gekümmert habe, die von «richtig geleiteten» Menschen gezeugt, aber nicht umsorgt und geliebt wurden?
Haben Sie eine Ahnung, wie es ist, eine Sterbende zu begleiten, die unter Hirntumoren leidet – und deren ach so natürliche Kinder sich einen Deut um sie scheren?
Haben Sie eine Ahnung, wie viel meine schwulen Freunde leisten, die für die verwitwete Nachbarin einkaufen, den Rasen mähen und die Fenster putzen?
Wissen Sie, wie sehr mein lesbisches Patenkind sich für unsere Umwelt einsetzt – nicht nur mit Reden, sondern mit Handeln: Wald aufräumen, Geld sammeln, aufklären?
Haben Sie eine Ahnung, wie viele Angestellte in Alters- und Pflegeheimen Single sind und sich aufopferungsvoll um Mütter und Väter kümmern, deren «richtig» geleiteten Kinder diese Leistung nicht erbringen können?
Wie viele Schwule oder Lesben sich in pflegenden und helfenden Berufen engagieren, zu einem Hungerlohn oft, mit horrenden Arbeitszeiten – aber grossem Herzen und offenen Ohren?

Ich könnte hier noch viele Beispiele aufführen, aber nach Ihrer Logik zählen diese alle nichts, da niemand von uns seine Gene weiter gegeben hat. Unsere Liebe, unser Einsatz, unsere Freizeit im Dienste der Allgemeinheit – all das zählt nichts, denn wir hätten uns vermehren sollen wie die Karnickel.

Mit Verlaub: Wenn die Fähigkeit, sich vermehrt zu haben, darüber entscheidet, ob jemand die Welt besser gemacht hat, ist Ihnen jede Maus überlegen (es sei denn, sie sei schwul, was durchaus vorkommen kann, in Ihrem Weltbild aber nicht existiert).

Homosexuelle sollen keine Familien bilden, sagen Sie – und blenden dabei aus, dass Homosexuelle Teil Ihrer so hochgelobten Familie sind: Sie sind Töchter und Söhne von Eltern, ein Produkt ihrer angeblich so richtig geleiteten Lenden.

Heteros zeigen ihre Neigung ja nicht mit füdliblutten oder halb nackten Körpern, sagen Sie weiter – und blenden aus, dass Striplokale, die Streetparade, Autowerbung mit fast nackten Frauen oder küssende Fussballer etc. von Ihresgleichen erfunden, besucht oder bejubelt werden.

«Solche Leute [gemeint ist Conchita Wurst, aber offenbar auch Fehlgeleitete wie ich] zeigen keinerlei Toleranz, wenn ich etwas öffentlich sage, was ihnen nicht passt.» Ehm – und wie ist das umgekehrt?

«Toleranz, auch Duldsamkeit, ist allgemein ein Geltenlassen und Gewährenlassen fremder Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten. Umgangssprachlich ist damit heute häufig auch die Anerkennung einer Gleichberechtigung gemeint, die jedoch über den eigentlichen Begriff («Duldung») hinausgeht.» (Quelle: Wikipedia)

Sind SIE tolerant, mir gegenüber? Gegenüber von Schwulen und Lesben? Sind SIE tolerant, wenn wir unsere Trauer, Wut oder Verletztheit äussern?

Im Speaker’s Corner publiziert die TagesWoche ausgewählte Texte und Bilder von Community-Mitgliedern. Vorschläge gerne an community@tageswoche.ch.

Sie – und zahlreiche Kommentatorinnen und Kommentatoren in unterschiedlichsten Foren – berufen sich auf Ihre Meinungsfreiheit. Was ist aber mit meiner Meinung? Wieso zählt die nicht? (Ach, ich vergass: Ihre zählt ja auch erst, seit sie Kinder gezeugt haben – vorher waren Sie ja gemäss eigener Definition ja ebenso fehlgeleitet wie wir ….)

Und was ist mit jener der Privatrechtsprofessorin Ingeborg Schwenzer? IHRE Meinung diesbezüglich ist klar:

Schwenzer sei an sich eine gescheite Frau, neige aber zu unnatürlichem Verhalten. Ich kenne die Frau leider nicht persönlich, vermute aber auf Grund dieser Aussage, dass sie entweder wie ich alleine lebt oder lesbisch ist. Auf Grund von Ausschnitten aus ihren Publikationen weiss ich aber, dass sie offenbar sehr belesen ist, klug und nuanciert argumentiert und international einen guten Ruf geniesst – was offenbar nicht ausreicht, um ihr unnatürliches Verhalten zu neutralisieren. Sollte sie im Suff ein Kind zeugen, wäre sie gemäss Ihrer Logik allerdings ab sofort natürlich und man müsste sich dann auch inhaltlich mit ihren Aussagen auseinandersetzen … Wie furchtbar wäre das!

Man kann ja nicht jemanden, der abnormal ist, etwas Normales schreiben lassen, sagen Sie weiter zu Frau Schwenzer, und ich nehme diese Steilvorlage gerne auf, um Ihnen meine eigene Meinung zu sagen (Sie lieben ja Meinungsäusserungen):

Man kann nicht von jemandem, der ignorant ist, etwas Gescheites erfahren. Auch wenn er, wie Sie, Politiker und selbsternannter Experte für Sozial-, Familien- und Gesundheitspolitik sein soll.

Mit freundlichen (?) und desillusionierten Grüssen

Lovey Wymann, Single, kinderlos, fehlgeleitet

P.S. Vielleicht, aber nur vielleicht, gibt es ja noch Hoffnung:
Als gelernter Schreiner sollten Sie eigentlich erkennen können, wenn Sie auf dem Holzweg sind …

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